29. April 2019  |  
Dr. Stefan Baron

Das verborgene Potential von Berufsrückkehrenden – Wie der Wiedereinstieg gelingt

In unserem letzten Blogbeitrag vor Ostern hat mein Kollege eindrücklich beschrieben, wie wichtig es bei der Rekrutierung von geeigneten Fachkräften ist, auch alternative Personalgewinnungsstrategien in den Blick zu nehmen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels und häufig fehlender Zeit geeignetes Personal auszubilden, stellen aus meiner Sicht auch Berufsrückkehrende ein nicht zu unterschätzendes Potenzial dar. Auch wenn es manchmal als etwas „verborgen“ erscheint und einem auf dem ersten Blick nicht direkt bewusst ist.

Wie kann ich nun das „schlummernde“ Potenzial von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bzw. Kolleginnen und Kollegen sichtbarmachen und voll ausschöpfen? Dieser Frage widme ich meinen heutigen Blogbeitrag. Kleiner Spoiler vorneweg: Weiterbildung ist wie so oft DIE Lösung. Na gut nicht ganz, es spielen natürlich auch noch andere Rahmenbedingungen eine Rolle, aber Weiterbildung nimmt einen zentralen Faktor ein, wie Sie im Folgenden selbst feststellen werden (falls Sie es nicht ohnehin schon wussten).

Aus den Augen aus dem Sinn?

Bevor ich auf konkrete Maßnahmen und Vorgehensweisen eingehe, durch die das Potential von Berufsrückkehrenden ausgeschöpft werden kann, fangen wir vorne an. Was ist nochmal die zentrale Herausforderung, wenn wir von der Beschäftigtengruppe Berufsrückkehrende sprechen? Zu Berufsrückkehrenden zählen Arbeitnehmende, die aus unterschiedlichsten Gründen (Elternzeit, Pflegezeit, Sabbatical…) ihre Erwerbstätigkeit für eine bestimmte Zeit unterbrechen und nach ihrer Arbeitszeitunterbrechung wieder in den Betrieb zurückkehren. In der Regel kann es sich um einen Zeitraum von bis zu drei Jahren handeln. Die größten Herausforderungen liegen hier vor allem in der Tatsache, nicht im Betrieb präsent zu sein und somit aktuelle Entwicklungen nicht mitzubekommen.

Dies kann sich zum einen auf die fachspezifischen Entwicklungen beziehen. Die zunehmende digitale Transformation krempelt die Arbeitswelt gewaltig um. Tätigkeitsprofile verändern sich stetig, einige fallen weg, andere kommen hinzu. Machen wir es ganz konkret an einem Beispiel: Wir haben einen Teamleiter in der Fertigung in einem mittelständischen Unternehmen, nennen wir ihn Karl. Karl entschließt sich nach der Geburt seiner Tochter für sechs Monate in Elternzeit zu gehen. In diesen sechs Monaten ändert sich im Betrieb einiges. So wird beispielsweise eine neue Software für Buchungsvorgänge für die einzelnen Materialteile eingeführt. Wenn er also nach der Elternzeit an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt, steht er vor der Herausforderung, dass ein Wissen im Hinblick auf die Buchungssoftware veraltet ist.

Zum anderen ergibt sich neben dem fachspezifischen Wissen, das durch die Abwesenheit nicht mehr up- to date ist, eine weitere Herausforderung auf emotionaler Ebene. Durch die Arbeitszeitunterbrechung kann es dazu kommen, dass das commitment des Beschäftigten und somit die emotionale Bindung zum Betrieb sinkt. Ganz nach dem Motto: Aus den Augen aus dem Sinn. Nehmen wir wieder das Beispiel von oben. Karl ist nach der Geburt seiner Tochter mit völlig neuen und aufregenden Aufgaben konfrontiert. Die Gedanken an den Betrieb und die emotionale Verbundenheit können in dieser Zeit der Abwesenheit klar in den Hintergrund treten. Auf der Betriebsseite sieht das vielleicht ähnlich aus. Das operative Tagesgeschäft steht im Vordergrund. Aktuelle Probleme müssen bewältigt werden. Da kann es sein, dass Mitarbeitende, die aufgrund einer Arbeitszeitunterbrechung gerade nicht im Betrieb präsent sind, in Vergessenheit geraten. Wieder ganz nach dem Motto: Aus den Augen aus dem Sinn.

Dies sind mit die wichtigsten Herausforderungen, die sich an Berufsrückkehrende stellen, beziehungsweise, die eine kurzzeitige Unterbrechung der Erwerbstätigkeit mit sich bringt. Kommen wir zur Ausgangsfrage zurück: Wie können wir das „verborgene“ Potential von Berufsrückkehrenden „aufdecken“? Nun, der Clou der Geschichte liegt eigentlich darin, es gar nicht so weit kommen zu lassen, dass das Potential „schlummert“ und als „verborgen“ erscheint. Damit dies gelingen kann, stehen beide Betriebsparteien in der Pflicht.

Wie machen wir das?

Um das Potential der Berufsrückehrenden aufrechterhalten zu können, braucht es einen phasenorientieren Ansatz von Weiterbildungsmaßnahmen. Die Idee eines solchen Weiterbildungsansatzes besteht nicht darin, kurz vor der Rückkehr oder gar erst beim Wiedereinstieg Weiterbildungsmaßnahmen anzubieten und durchzuführen. Nein! Ein erfolgreicher Wiedereinstieg beginnt schon bevor die oder der Beschäftigte den Betrieb verlässt. Klingt für den ein oder anderen im ersten Augenblick etwas verwirrend. Machen wir es ganz konkret an unserem Beispiel von oben.

  1. Vor der Arbeitszeitunterbrechung

Bevor Karl seine sechsmonatige Elternzeit antritt ist einiges zu klären. Wie stellt er sich die Elternzeit vor? Welche Vorstellungen hat der Betrieb über die Gestaltung der Arbeitszeitunterbrechung? Um diese Fragen zu diskutieren, sollten sich beide Betriebsparteien frühzeitig zu einem Qualifizierungsgespräch zusammensetzen. Es geht darum, Transparenz zu schaffen. Denn Transparenz legt den Grundbaustein eines erfolgreichen Wiedereinstiegs.

Inhalt dieses Gesprächs sollte auch die Frage nach dem Wissenstransfer sein. Wie gibt Karl sein Erfahrungswissen an seine Vertreterin oder seinen Vertreter weiter? Es gibt verschiedene Methoden, wie Wissen im Betrieb weitergegeben werden kann. Welche Maßnahmen aber letztendlich eingesetzt werden, hängt von der jeweiligen Tätigkeit und der betriebsspezifischen Strukturen ab.

  1. Während der Arbeitszeitunterbrechung

Karl befindet sich mittlerweile in seiner Elternzeit. Die Zeit der Abwesenheit stellt mit die herausforderndste Phase dar. Wie oben bereits aufgeführt, geht es a.) darum, das fachspezifische Wissen und b.) die emotionale Bindung zum Betrieb aufrecht zu erhalten.

Um das fachspezifische Wissen zu erhalten, ist es wichtig, dem Mitarbeitenden auch in der Phase der Abwesenheit die Teilnahme an Weiterbildungen zu ermöglichen, beispielsweise durch Blended- Learning. Durch Einladungen zur Betriebsversammlung oder sonstigen  betriebsinternen Veranstaltungen kann die emotionale Bindung zum Betrieb aufrecht gehalten werden. Es gibt noch viele weitere Möglichkeiten, die in dieser Phase zum Einsatz kommen können. Wichtig ist, Sie werden in ihrem Betrieb überhaupt aktiv.

  1. Wiedereinstieg

Nach sechs Monaten steht Karl vor der Rückkehr in den Betrieb. Er freut sich schon sehr darauf, seine Kolleginnen und Kollegen zu begrüßen und seine Tätigkeit wieder aufzunehmen. Doch auch der Wiedereinstieg will geplant sein. Ein frühzeitiger Austausch im Rahmen eines erneuten Qualifizierungsgesprächs ist hier notwendig, um abstimmen zu können, welche Weiterbildungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, damit Karl innerhalb kurzer Zeit wieder voll durchstarten kann.

Wir stehen am Ende des Wiedereinstiegsprozesses von Karl und auch am Ende unseres heutigen Blogbeitrags. Sie sehen also, auf was es ankommt, damit das Potenzial von Berufsrückkehrenden voll ausgeschöpft werden kann.

Lust auf mehr?

Haben Sie jetzt noch Lust auf mehr? Dann haben wir gute Nachrichten für Sie! Wir arbeiten gerade an einer praxisnahen Handlungshilfe für Personalverantwortliche und Betriebsräte zur Berücksichtigung von Berufsrückkehrenden in Betrieben. Hier erläutern wir unter anderem ausführlich, welche Weiterbildungsmaßnahmen in den einzelnen Phasen zum Einsatz kommen können und wie Sie diese gezielt einsetzen. Ein sehr wichtiges Thema finden wir, vor allem im Hinblick auf den Fachkräftemangel. Aber nicht nur deswegen. In diesem Sinne bleiben Sie dran, wir zählen auf Sie!

Dieser Blogbeitrag wurde von Eva Scheuerlein im Rahmen ihres Praktikums bei der AgenturQ verfasst.