8. November 2023  |  
Ipek Güler

Den vorzeitigen Abbruch beim Corporate E-Learning verhindern!

Die Gesellschaft und deren Bedingungsfaktoren befinden sich in einem permanenten digitalen sowie gesellschaftlichen Wandel. Mit dem Wandel der Gesellschaft ändern sich ebenfalls die Art und Weise, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeit in Unternehmen lernen. Innovative Weiterbildungsangebote, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die digitale Transformation vorbereiten und zugleich die Potenziale und Chancen der neuen digitalen Technologien nutzen, werden immer wichtiger.

Obwohl die klassischen präsenten Weiterbildungsangebote weiterhin von großer Bedeutung sind, werden sie zunehmend von E-Learning ersetzt. E-Learning bietet für Unternehmen eine Möglichkeit, die berufliche Weiterbildung neu zu gestalten und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die aktuellen Trends sowie Herausforderungen der Digitalisierung vorzubereiten. Im Gegensatz zu Präsenzseminaren erweisen sich E-Learning-Angebote für die Unternehmen als kostengünstiger, sie können zeit- und ortsunabhängig stattfinden und bieten für die Lernenden individualisierte Lernangebote und ausreichend Übungsmöglichkeiten an. Doch trotz der zahlreichen Vorteile stellt E-Learning für die betriebliche Weiterbildung „kein Allheilmittel“ dar. So haben diverse Untersuchungen ergeben, dass die Abbruchquote beim Corporate E-Learning außerordentlich hoch ist. In der Literatur lassen sich Abbruchquoten zwischen 14 Prozent und 90 Prozent finden. Somit ist es essenziell, Ursachen dieses Phänomens zu untersuchen sowie Lösungsansätze zu finden, um dieses Problem zu begegnen.

Obwohl in der Erwachsenenbildungsforschung eine Reihe von Theorien und Modelle zum vorzeitigen Abbruch von Weiterbildungsmaßnahmen entwickelt wurden, existieren in der betrieblichen Weiterbildung nur wenige Studien, die die Gründe für den vorzeitigen Abbruch von E-Learning-Angebote analysieren. Wichtige Studien sind „Departure, abandonment, and dropout of e-learning: dilemma and solutions“ von O’Connor et al. (2003), „Toward a Theory of Human Resource Development Learning Participation“ von Wang und Wang (2004) und „Understanding dropout of adult learners in e-learning“ von Jun (2005).

Die Ergebnisse dieser Studien zeigen eine Reihe von Faktoren, die Einfluss auf den vorzeitigen Abbruch im Corporate E-Learning haben. Dies macht es schwierig, alle Einflussfaktoren zu identifizieren. Dennoch ist es auffällig, dass die Ergebnisse der Studien eine Menge an Gemeinsamkeiten haben und viele ähnliche Einflussfaktoren aufzeigen.

Einflussfaktoren auf den vorzeitigen Abbruch beim Corporate E-Learning

Die Ergebnisse der Studien betonen insbesondere die Bedeutung der persönlichen Motivation der Online-Lernenden als den wichtigsten Faktor, der den vorzeitigen Abbruch eines Corporate E-Learning-Kurses prägt. Eine hohe Motivation der Online-Lernenden erhöht auch die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Abschlusses. Die Motivation hängt zum einen von den Lernenden selbst, das heißt von den Persönlichkeitsmerkmalen und den vorherigen Lernerfahrungen der Lernenden ab, kann aber gleichzeitig von weiteren Faktoren beeinflusst werden.

Insbesondere die lernförderliche Planung und Gestaltung eines E-Learning-Kurses können sich positiv auf die Motivation und somit auch auf die kontinuierliche Teilnahme an dem Corporate E-Learning-Kurs auswirken. Es ist wichtig, dass ein E-Learning-Kurs so aufgebaut und gestaltet ist, dass dieser die intrinsische und extrinsische kognitive Belastung der Online-Lernenden minimiert. Ein E-Learning-Kurs, der die Lernenden weder überfordert noch langweilt und die Aufmerksamkeit durchgängig aufrechterhält, kann die Motivation der Online-Lernenden erhöhen und so den vorzeitigen Abbruch verhindern.

Wichtig für die kontinuierliche Teilnahme ist ebenfalls die Relevanz der Lerninhalte des E-Learning-Kurses für die Arbeit der Online-Lernenden. Untersuchungen zeigen, dass je relevanter die Lerninhalte eines E-Learning-Kurses für die Arbeit der Online-Lernenden sind, desto größer ihre Bereitschaft ausfallen wird, einen begonnenen E-Learning-Kurs erfolgreich zu beenden. Auch die Unterstützung des Arbeitgebers kann sich positiv auf die Motivation der Lernenden und somit auch auf die kontinuierliche Teilnahme an einem Corporate E-Learning-Kurs auswirken. Die Unterstützung, Ermutigung sowie das Nachfassen des Vorgesetzten während der Teilnahme an einem E-Learning-Kurs steigern nachweislich die Motivation der Online-Lernenden und sind für den erfolgreichen Abschluss eines E-Learning-Kurses förderlich. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse der Studien, dass der vorzeitige Abbruch im Corporate E-Learning von Umweltfaktoren, die die Lebenswelt der Lernenden negativ beeinflussen, verursacht werden kann. So können beispielsweise finanzielle Probleme, zeitliche Konflikte oder unkontrollierbare Lebenskrisen während der Teilnahme an einem Corporate E-Learning-Kurs die vorzeitige Abbruchentscheidung der Online-Lernenden verursachen.

Folgende Abbildung soll noch einmal zusammenfassend alle erarbeiteten Einflussfaktoren auf den vorzeitigen Abbruch im Corporate E-Learning darstellen.

Maßnahmen zur Verhinderung der hohen Abbruchquoten beim Corporate E-Learning

Auf Grundlage der identifizierten Einflussfaktoren können nun Maßnahmen abgeleitet werden, die zur Verhinderung von vorzeitigem Abbruch beim Corporate E-Learning und zur Senkung der hohen Abbruchquoten in der digitalisierten, betrieblichen Weiterbildung eingesetzt werden können. Es besteht dabei kein Anspruch auf Vollständigkeit der Maßnahmen. Vielmehr soll beispielhaft vorgestellt werden, wie Tipps und Maßnahmen zur Verhinderung des vorzeitigen Abbruchs in der betrieblichen, digitalisierten Weiterbildung aussehen könnten.

  1. Vor der Entwicklung eines E-Learning-Kurses eine Bedarfsanalyse durchführen: Um den vorzeitigen Abbruch im Corporate E-Learning zu verhindern, ist es wichtig, dass der Lerninhalt des E-Learning-Angebots für die Arbeit und die beruflichen Ziele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter relevant ist. Aus diesem Grund sollte schon vor der Entwicklung eines E-Learning-Angebots ermittelt werden, welche Inhalte für die derzeitige Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtig sind, in welchen thematischen Bereichen Entwicklungsbedarf besteht und welche beruflichen Ziele die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, um so darauf aufbauend passende und arbeitsrelevante Lerninhalte entwickeln zu können. Hierfür eignet sich die Durchführung einer Bedarfsanalyse vor der Entwicklung des E-Learning-Kurses sehr gut. Mehr Informationen zur Bedarfsanalyse gibt es hier.
  2. Feedback einholen: Bei der Entwicklung von passenden E-Learning-Kursen ist neben der Bedarfsanalyse ebenfalls aktuelles Feedback sehr hilfreich. Wo sehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Optimierungsbedarf? Was ist aus der Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verbessern oder welche Inhalte fehlen? Wird regelmäßig Feedback eingeholt und kontinuierlich eingearbeitet, so kann nach und nach eine Lernwelt entstehen, die den Bedürfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie des Unternehmens entspricht und dadurch für die Arbeit und für die beruflichen Ziele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter relevant sind.
  3. Kognitive Belastung bei den Online-Lernenden verhindern: Nach der Theorie des multimedialen Lernens nach Mayer (2001) sollten digitale Lernangebote, stets so aufgebaut und gestaltet sein, dass sie das Arbeitsgedächtnis der Online-Lernenden nicht überlasten. Bei der Planung und Konzipierung eines Corporate E-Learning-Kurses sollte deshalb darauf geachtet werden, dass der E-Learning-Kurs so aufgebaut und gestaltet wird, dass die kognitive Belastung bei den Lernenden so minimal wie nur möglich ausfällt. Hierfür sollte darauf geachtet werden, dass der E-Learning-Kurs keine irrelevanten und zu komplexen oder zu viele Informationen auf einmal beinhaltet. Daneben ist es wichtig, dass die Lernangebote abwechslungsreich aufgebaut und gestaltet werden, damit sich die Online-Lernenden nicht langweilen. Hierfür sollten den Online-Lernenden abwechslungsreiche Methoden und Medien zur Verfügung gestellt und ihnen genügend Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten angeboten werden.
  4. Als Arbeitgeber die digitalisierte, betriebliche Weiterbildung aktiv unterstützen: Um den vorzeitigen Abbruch im Corporate E-Learning zu verhindern, ist es wichtig, dass in die Unternehmenskultur eines jeden Unternehmens ein angenehmes Lernumfeld integriert wird. Selbstgesteuertes Lernen sollten bei der Arbeit einen alltäglichen Charakter einnehmen, das heißt Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollten wissen, dass sie sich bei zeitlichen Konflikten oder anderen Krisen während der Teilnahme an einem E-Learning-Kurs auf die Unterstützung ihres Arbeitgebers verlassen können. Die Weiterbildung sollte innerhalb der gesamten Organisation eine wichtige Bedeutung erhalten. Unternehmen sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu ermutigen, sich um berufsbezogene Weiterbildung zu bemühen und sie bei Problemen während der Teilnahme unterstützen. Hierbei könnte zum Beispiel ein Belohnungssystem zum Einsatz kommen und positives Lernverhalten und erfolgreiches Beenden von berufsbezogenen E-Learning-Kursen bestärkt und belohnt werden.

Quellen:

  • Jun, J. (2005): Understanding dropout of adult learners in e-learning, Dissertation, University of Georgia.
  • O’Connor, C., E. Sceiford, G. Wang, D. Foucar-Szocki und O. Griffin (2003): Departure, abandonment, and dropout of e-learning: dilemma and solutions. Masie Report, [online] http://www.masie.com/researchgrants/2003/JMU_Final_Report.pdf [Stand: 05.06.2023].
  • Mohr, G. (2007): Messbarer Lerntransfer. Weiterbildungsevaluation und Abbruchgründe bei einem Online-Training, Saarbrücken: VDM Verlag.
  • Neumann, R., R. Nacke und A. Ross (2019): Corporate E-Learning: Strategien, Märkte, Anwendungen, Berlin: Springer Verlag.
  • Wang, G.G. und J. Wang (2004): Toward a Theory of Human Resource Development Learning Participation, in: Human Resource Development Review, Jg. 3, Nr. 4, S. 326-353.