22. November 2018  |  
Gastbeitrag

Qualifizierung – ein Wegbegleiter der Digitalisierung

Ein Gastbeitrag von Thorsten Würth

Baden-Württemberg ist eine der stärksten Wirtschaftsregionen in Europa mit der höchsten Innovationskraft und den meisten Patentanmeldungen. Damit dies so bleibt, setzt die Metall- und Elektroindustrie (M+E) verstärkt auf Qualifizierung ihrer Mitarbeiter. Weiterbildung sichert aber nicht nur die Innovationsstärke, sie sichert auch die Arbeitsqualität und erforderliches Wissen. Damit ist Weiterbildung ein wichtiges Asset für Arbeitgeber und Beschäftigte.


Und genau das haben viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer bereits erkannt: So wurde das Thema Weiterbildung bei zahlreichen Unternehmen in Betriebsvereinbarungen verankert; die M+E Industrie hat hierzu sogar den Tarifvertrag Qualifizierung abgeschlossen und darauf aufbauend die AgenturQ als gemeinsame Einrichtung der Sozialpartner IG Metall und Südwestmetall gegründet.

Doch das soll noch nicht das Ende gewesen sein. Vielmehr wird und muss Weiterbildung noch stärker in den Fokus rücken. Warum? Weil wir in Zeiten von Digitalisierung und Industrie 4.0 leben. Bewusst spreche ich im Hier und Jetzt und nicht in der Zukunft. Denn die Digitalisierung der Wirtschaft „passiert“ bereits – schleichend und unaufhaltsam. Wer hier einen Big Bang oder go-live erwartet, ist fehlgeleitet.

Schon heute sind die Fabriken vernetzt, die zentrale Steuerung ist von der dezentralen Selbstorganisation abgelöst. Maschinen ermitteln selbstständig den Bedarf an Vormaterial und ordern eigenständig bei vorgelagerten Einheiten Materialien nach. Das Produkt weiß, wie es verarbeitet werden soll und wohin es transportiert werden muss. Hersteller, Lieferanten und Kunden interagieren miteinander über mobile Endgeräte, kollaborative Plattformen, Konferenzsysteme oder Cloud-Dienste.

Unsere Arbeitswelt verändert sich also massiv. Damit verändern sich zwangsläufig Jobprofile und die Inhalte der Berufsbilder: Neue Berufe und Aufgaben werden entstehen, viele werden sich wandeln und manche werden wegfallen. Gerade Baden-Württemberg ist im bundesweiten Vergleich durch ein überdurchschnittliches Substituierbarkeitspotenzial gekennzeichnet (D: 15%, B-W: 17,4%).

In Zukunft werden wir an jedem Arbeitsplatz einen wesentlich höheren IT-Anteil haben. IKT-bezogene Kompetenzen werden noch viel stärker benötigt werden als heute. Digital Literacy, also der informierte Umgang mit digitalen Daten und gängiger Software, werden zu einer absoluten Notwendigkeit. Aber auch bestimmte klassische Fähigkeiten werden wichtiger: Qualifikationen wie Adaptions- und Problemlösungsfähigkeit, Kreativität und Durchhaltevermögen helfen, sich in der neuen Arbeitswelt besser und schneller zurechtzufinden.

Und was bedeutet all das nun konkret für die Weiterbildung? Wie muss sie sich denn verändern? Erste Lösungen haben wir bereits: Mit dem agilen Verfahren haben die Sozialpartner der M+E-Industrie die industriellen Ausbildungsberufe fit gemacht für das digitale Zeitalter. Nun gilt es, diesen Weg auch im Weiterbildungssektor zu gehen.

Doch gefragt sind bei diesem Thema nicht nur die Sozialpartner: Auch Arbeitgeber müssen der veränderten Arbeitswelt Rechnung tragen und sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter beschäftigungsfähig bleiben und über das erforderliche Wissen verfügen. Der betrieblichen Weiterbildung kommt eine noch höhere Bedeutung zu. Die Digitalisierung bietet wachsende und neue Formen: Ob integriert am Arbeitsplatz, ob orts- und zeitflexibel mithilfe digitaler Medien wie e-Learning, MOOCs oder Video-Tutorials, ob im Rahmen von Coaching-, Networking- und Wissenstransfer-Aktivitäten oder mittels spezieller Kursangebote – den digitalen Möglichkeiten sind nahezu keine Grenzen gesetzt.

Zu guter Letzt sind es die Mitarbeiter selbst, die von Weiterbildung profitieren. Voraussetzung ist, dass sie selbstverantwortlich lernen und bereit sind, sich kontinuierlich mit Veränderungen der Arbeitswelt auseinanderzusetzen. Denn wer heute in einen Job einsteigt, kann nicht davon ausgehen, dass seine Aufgaben über das gesamte Berufsleben hinweg gleich bleiben.
Für die Weiterbildungsakteure bedeutet Digitalisierung, den „Lernraum 4.0“ inhaltlich und didaktisch zu beherrschen. Es wird darauf ankommen, die Weiterbildungsbedarfe frühzeitig zu erkennen und entsprechend fachliche, kognitive und soziale Kompetenzen zu entwickeln.

Die AgenturQ als erfahrene und kompetente Einrichtung im Weiterbildungssektor bietet sehr gute Dienste und Unterstützung. Die Mitarbeiter verfügen über das nötige praktische Know-how, welches sie in zahlreichen eigenen Projekten gesammelt haben. Die Information und Beratung von Firmen der Metall- und Elektroindustrie in allen Fragen der betrieblichen und beruflichen Weiterbildung zählen zu den Kernkompetenzen der AgenturQ. Wer sich hier neu aufstellen möchte, ist herzlich willkommen.

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Thorsten Würth ist Referatsleiter für Arbeitsmarktpolitik und Weiterbildung beim Arbeitgeberverband Südwestmetall