In der heutigen Arbeitswelt sind Soft Skills von entscheidender Bedeutung, da gesellschaftliche, demografische, technologische und ökonomische Entwicklungen zu weitreichenden Transformationen führen. Diese Veränderungen beschleunigen Prozesse und verändern Abläufe und Strukturen, wodurch Soft Skills wie Anpassungsfähigkeit, Kommunikation und kontinuierliches Lernen immer wichtiger werden.
Doch was sind Soft Skills überhaupt, wie haben sie sich im Laufe der Zeit entwickelt und welche Auswirkung hat diese Entwicklung auf die heutige berufliche Weiterbildung?
Diese Fragen waren Mittelpunkt von meinem Gespräch mit Pia Mozer, forschende Projektmitarbeitern des Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart. Sie ist Teil einer Projektgruppe, die einen Kompetenzkompass definiert hat um Kompetenzen in einem strukturierten Verfahren zu erfassen und zu entwickeln. Angelehnt an dieses Gespräch ist der folgende Beitrag entstanden.
Was sind Soft Skills?
Skills sind dynamische Kombinationen von Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen, die zur Bewältigung beruflicher Aufgaben erforderlich sind. Sie dienen als Modellannahme, um das Verhalten von Personen im Berufsumfeld zu beschreiben und zu bewerten.
Soft Skills, oder auch überfachliche Kompetenzen, fachübergreifende Kompetenzen, Schlüsselqualifikationen oder transversale Kompetenzen genannt, sind essenzielle Fähigkeiten, die hierbei über das reine Fachwissen hinausgehen.
Während Hard Skills bzw. fachspezifisches Wissen oft kontextgebunden bleibt, können Soft Skills in einer Vielzahl von Situationen eingesetzt werden. Sie sind entscheidend für den Erfolg in einer sich ständig wandelnden Arbeitswelt und umfassen ein breites Spektrum an sozialen, kommunikativen und methodischen Fähigkeiten. Welche Kompetenzen und Fähigkeiten genau darunter fallen hängt oft davon ab, welches Kompetenzmodell oder welche Definition verwendet wird.
Soft Skills sind nicht nur aufgrund der unterschiedlichen Definitionen und Modelle schwer zu erfassen. Im Gegensatz zu Hard Skills sind auch die Fähigkeiten und Kompetenzen die als Soft Skills bezeichnet werden, wie der Name schon sagt „weich“. Weich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Soft Skills nicht einfach durch Tests oder Punktzahlen erfasst werden können.
Wo kommen die Soft Skills her?
Mit dem Aufkommen der Industrialisierung gab es einen klaren Fokus auf Fachkompetenzen. Die wenig benannten Soft Skills die erwähnt wurden, waren Fleiß, Einsatzwillen und Gehorsam. Erst in den 1960er Jahren entwickelte sich ein Bildungsideal der ganzheitlichen Persönlichkeitsbildung, das Soft Skills aufwertete. In den 1970er Jahren prägte Dieter Mertens den Begriff „Schlüsselqualifikationen“ als Reaktion auf die sich schnell verändernde Arbeitswelt. Er betonte die Notwendigkeit von Schlüsselqualifikationen um häufige Neuerungen und Anforderungen im Arbeitsleben selbstständig und souverän zu bewältigen.
Seit den 1980er Jahren hat sich das kulturelle Leitbild des Arbeitnehmers gewandelt: weg vom reinen Aufgaben-Ausführen hin zum autonomeren Mitarbeitenden, der eigenständig Entscheidungen trifft. Seit den 2000er Jahren werden Soft Skills zunehmend als zentrale Fähigkeiten im Rahmen des lebenslangen Lernens anerkannt (vgl. Salvisberg 2010, S. 1).
Wie werden Soft Skills entwickelt ?
Soft Skills sind einfacher zu entwickeln entlang von Fachinhalten. Ein effektiver Ansatz ist somit die Integration von Soft Skills in die Weiterbildung von Fachkompetenzen. Die Kompetenzen sollten somit ganzheitlich betrachtet und erlernt werden. Eine Weiterbildung zu einem Fachthema könnte beispielsweise durch Vorträge der Teilnehmenden ergänzt werden. So lernen die Teilnehmenden nicht nur das Fachthema, sondern trainieren auch ihre Kommunikations- und Überzeugungsfähigkeiten.
Ein Beispiel ist die berufliche Kompetenzentwicklung eines Arztes: Neben fachlichem Wissen über Anatomie und Untersuchungsmethoden benötigt er Innovationsfähigkeit, Lernbereitschaft, Networking-Fähigkeiten sowie die Fähigkeit zur empathischen Kommunikation mit Patienten um sich und seine Fertigkeiten erfolgreich weiterentwickeln zu können.
Für diese ganzheitliche Entwicklung von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen gibt es verschiedene Modelle. Eines ist der Kompetenzkompass von Fraunhofer IAO.
Der Fraunhofer Kompetenzkompass Ein strukturiertes Vorgehen für Unternehmen zur Entwicklung von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen stellt der Fraunhofer Kompetenzkompass dar. Das Vorgehen wird in fünf Prozessschritte gegliedert, die alle aufeinander aufbauen und ineinandergreifen. (siehe Abbildung)
Häufig wird die Kompetenzentwicklung durch eine Strategieentscheidung eingeleitet. Es wird analysiert, wie die strategischen Ziele und Problemfelder eines Unternehmens durch ein gezieltes Kompetenzmanagement ihrer Mitarbeitenden unterstützt werden können.
Im nächsten Schritt wird ein Kompetenzmodell entwickelt um aufzuzeigen, welche Kompetenzen benötigt werden. Dabei werden verschiedene Kompetenzklassen und -niveaus sowie SOLL-Profile strukturiert und spezifiziert um ein klares Bild der notwendigen Fähigkeiten zu erhalten.
Die darauffolgende Kompetenzmessung ermöglicht es, den aktuellen Stand der vorhandenen Kompetenzen zu beurteilen und zu messen. Dies geschieht durch die Erstellung von Kompetenzprofilen und den Vergleich von IST- und SOLL-Zustand um festzustellen, welche Kompetenzen bereits vorhanden sind und welche noch entwickelt werden müssen.
Kompetenzaufbau: Hier wird festgelegt, wie die identifizierten Kompetenzen bedarfsgerecht geschult werden sollen. Dazu werden sowohl bestehende Maßnahmen überprüft als auch neue Maßnahmen festgelegt oder eigens entwickelt. Abschließend erfolgt die Kompetenzbilanz, in der der gesamte Prozess und die durchgeführten Maßnahmen bewertet werden. Ziel ist, die Ergebnisse und den Nutzen des Kompetenzmanagements zu bilanzieren und kontinuierlich zu verbessern.
Der Fraunhofer Kompetenzkompass ist somit ein Werkzeug zur Erfassung und Entwicklung nicht nur von Fachkompetenzen, sondern bietet auch einen systematischen Rahmen um Soft Skills gezielt zu fördern und in die Unternehmensstrategie zu integrieren. Indem der Kompetenzkompass eine detaillierte Analyse und Bewertung der vorhandenen Kompetenzen vornimmt, können Unternehmen gezielt Soft Skills identifizieren, die für die Umsetzung ihrer strategischen Ziele erforderlich sind. Weitere Infos dazu finden Sie hier.
Die Bedeutung von Soft Skills in der betrieblichen Weiterbildung
In der betrieblichen Weiterbildung nehmen Soft Skills eine zentrale Rolle ein. Unternehmen erkennen zunehmend, dass fachliche Fähigkeiten allein nicht ausreichen um den komplexen Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht zu werden. Die Förderung von Soft Skills ist entscheidend für die Entwicklung von Mitarbeitenden, die flexibel, anpassungsfähig und in der Lage sind, effektiv in Teams zu arbeiten und innovative Lösungen zu finden.
Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit, Teamarbeit, Problemlösungsfähigkeiten und emotionale Intelligenz sind für den täglichen Arbeitsablauf unerlässlich. Sie tragen dazu bei, dass Mitarbeiter*innen besser miteinander interagieren, Konflikte konstruktiv lösen und ein positives Arbeitsumfeld schaffen können. Dies führt zu höherer Zufriedenheit und Produktivität am Arbeitsplatz (vgl. Englmann 2016, S. 41).
Ein weiterer wichtiger Aspekt der betrieblichen Weiterbildung ist die Förderung der Lernbereitschaft und der kontinuierlichen Weiterentwicklung. In einer sich schnell verändernden Arbeitswelt ist es entscheidend, dass Mitarbeiter*innen bereit sind neue Fähigkeiten zu erwerben und sich an neue Gegebenheiten anzupassen. Unternehmen, die in die Entwicklung von Soft Skills investieren, sind besser gerüstet um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Quellenangaben:
Bohlken, Jan (2017): Schlüsselqualifikationen. In: Schlüsselqualifikationen: Wichtigkeit, Beispiele und mehr. In: https://www.profilinginstitut.de/schluesselqualifikationen/ [16.05.24]
Salvisberg, Alexander (2010): Soft Skills auf dem Arbeitsmarkt. Bedeutung und Wandel. Zürich: Seismo Verlag
Englmann, Ulrike (2016): Beschäftigungsfähigkeit und demografischer Wandel. Die Bedeutung von Employability Management für Unternehmen und Beschäftigte. Ein Praxisleitfaden für Verantwortliche in Bildungsmanagement und Personalentwicklung. Norderstedt: BoD – Books on Demand
Wild, Andreas (2016): Das strategische Kompetenzmanagement als ein wesentlicher Bestandteil der Employability. Dargestellt am Beispiel eines ICT-Dienstleisters. München und Mering: Rainer Hampp Verlag.
Gastautorin: Veronika Glenk, Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald