Der dritte Teil unserer Themenreihe ist ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Martin Fischer, der die wissenschaftliche Begleitung des Projekts leitete.
Gibt es passende Weiterbildung für Industrie 4.0?
Hinter dem Begriff „Industrie 4.0“ verbirgt sich ein breites Spektrum an Technologien und ökonomischen Zielsetzungen. Gemeinsamer Kern ist die Orientierung der betrieblichen Produktion am aktuellen Markt (reibungslose Absetzbarkeit von Produkten, auch bei wechselnden Markterfordernissen) und die verzögerungsfreie bzw. verzögerungsarme Produktion für diesen Zweck, variabel zwischen Losgröße 1 und Massenproduktion. Dementsprechend streben die Betriebe die durchgängige Vernetzung von Hard- und Software, von Produktions- und Informationsprozessen an, auch und gerade über das Internet.
Was bedeutet das für die Weiterbildungserfordernisse der Beschäftigten? Das hat das durch das Land Baden-Württemberg geförderte Forschungs- und Entwicklungsprojekt „Prospektive Weiterbildung für Industrie 4.0“ versucht herauszufinden. Dafür wurden Untersuchungen in acht Betrieben der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie durchgeführt. Zielgruppen waren An- und Ungelernte, ältere Arbeitnehmer und Facharbeiter.
Was bedeutet das für die Weiterbildungserfordernisse der Beschäftigten? Das hat das durch das Land Baden-Württemberg geförderte Forschungs- und Entwicklungsprojekt „Prospektive Weiterbildung für Industrie 4.0“ versucht herauszufinden. Dafür wurden Untersuchungen in acht Betrieben der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie durchgeführt. Zielgruppen waren An- und Ungelernte, ältere Arbeitnehmer und Facharbeiter.
Weiterbildung – passend für gestern, heute oder morgen?
Aus- und Weiterbildung ist aus betrieblicher Sicht immer eine Investition in die Zukunft. Betriebe investieren in die Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter, um für den zukünftigen Wettbewerb gerüstet zu sein – den von gestern haben sie ja bereits mehr oder minder gut überstanden. Trotzdem ist, gerade in der Weiterbildung, diese zukunftsorientierte Sichtweise nicht gang und gäbe. Man führt eine neue Technologie ein und betreibt dann ggf. Anpassungsqualifizierung, organisiert also im Nachhinein Weiterbildung für die Mitarbeiter. Weiterbildung ist mit Kosten verbunden, und viele Betriebe sind erst dann bereit, solche Kosten zu investieren, wenn sie ganz sicher wissen, dass die Investition notwendig ist.
Dieses traditionelle Vorgehen, so verständlich es auch sein mag, führt aber bei Industrie 4.0 am Kern der Sache vorbei. Es geht ja gerade nicht um die Einführung einer bestimmten Maschine oder Anlage, für deren Bedienung dann zu schulen wäre. Es geht vielmehr um die Vernetzung von Produktions- und Arbeitsprozessen, Informationen und Mitarbeiterkompetenzen. Ein aus dem Käfig entlassener Roboter gibt nicht vor, wer mit ihm wie zusammenarbeitet. Ob der kooperative Roboter vor Ort vom Produktionspersonal mittels eines mobilen Endgeräts oder von der betrieblichen Arbeitsvorbereitung am PC (qua Intranet) oder betriebsgreifend von der Konzernzentrale über das Internet gesteuert wird, steht gar nicht von Vornherein fest. Die Entscheidung über solche Optionen hängt von der Verfügbarkeit der technischen Komponenten, aber auch von den Kompetenzen der Mitarbeiter ab. Können denn die Mitarbeiter vor Ort überhaupt einen Roboter steuern? Wenn man das möchte, müsste man parallel mit der Entscheidung für solch eine Option vorausschauend planen, also „prospektiv“ für Weiterbildung sorgen.
Dieses traditionelle Vorgehen, so verständlich es auch sein mag, führt aber bei Industrie 4.0 am Kern der Sache vorbei. Es geht ja gerade nicht um die Einführung einer bestimmten Maschine oder Anlage, für deren Bedienung dann zu schulen wäre. Es geht vielmehr um die Vernetzung von Produktions- und Arbeitsprozessen, Informationen und Mitarbeiterkompetenzen. Ein aus dem Käfig entlassener Roboter gibt nicht vor, wer mit ihm wie zusammenarbeitet. Ob der kooperative Roboter vor Ort vom Produktionspersonal mittels eines mobilen Endgeräts oder von der betrieblichen Arbeitsvorbereitung am PC (qua Intranet) oder betriebsgreifend von der Konzernzentrale über das Internet gesteuert wird, steht gar nicht von Vornherein fest. Die Entscheidung über solche Optionen hängt von der Verfügbarkeit der technischen Komponenten, aber auch von den Kompetenzen der Mitarbeiter ab. Können denn die Mitarbeiter vor Ort überhaupt einen Roboter steuern? Wenn man das möchte, müsste man parallel mit der Entscheidung für solch eine Option vorausschauend planen, also „prospektiv“ für Weiterbildung sorgen.
Weiterbildung – passend zur Technikentwicklung oder passend zur betrieblichen Entwicklung?
Wenn es gar nicht umstandslos möglich ist, Weiterbildung zu planen, die zu „der“ Technikentwicklung von Industrie 4.0 passt – was ist dann der Zielpunkt?
In unserem Projekt fiel auf, dass die Betriebe das Thema Industrie 4.0 sehr vorsichtig angingen. Einige Betriebe nehmen sicherlich in der Metall- und Elektroindustrie eine gewisse Vorreiterposition ein, was aber keineswegs eine flächendeckende Einführung von Industrie 4.0-Technologien bedeutet. Weitere Betriebe beginnen eine strukturkonservative Erprobung von Industrie 4.0-Technologien, was vor allem bedeutet, dass sie die informationstechnische Abbildung der Daten- und Materialflüsse in ihrer teilautomatisierten Produktion vervollständigen. Andere stehen ganz am Anfang der Erprobung. Ihr Engagement im Projekt ist vom Versuch getragen, „am Ball zu bleiben“. Hier stehen beispielsweise Themen wie Fernwartung oder Ferndiagnose oder die Nutzung mobiler Endgeräte als technologische Anwendungen auf der Agenda.
Die Ergebnisse der Analysen wurden in inner- und überbetrieblichen Workshops präsentiert und im Hinblick auf Weiterbildungsmaßnahmen diskutiert. Im Ergebnis wurde gerade dieser inner- und außerbetriebliche Dialog von den beteiligten Firmen als besonders wichtig eingeschätzt, weil er sonst kaum stattfindet: Aus- und Weiterbildung, Personalentwicklung, technische Planer und Betriebsräte setzen sich an einen Tisch und beraten die betriebliche Entwicklung in Sachen Industrie 4.0!
In unserem Projekt fiel auf, dass die Betriebe das Thema Industrie 4.0 sehr vorsichtig angingen. Einige Betriebe nehmen sicherlich in der Metall- und Elektroindustrie eine gewisse Vorreiterposition ein, was aber keineswegs eine flächendeckende Einführung von Industrie 4.0-Technologien bedeutet. Weitere Betriebe beginnen eine strukturkonservative Erprobung von Industrie 4.0-Technologien, was vor allem bedeutet, dass sie die informationstechnische Abbildung der Daten- und Materialflüsse in ihrer teilautomatisierten Produktion vervollständigen. Andere stehen ganz am Anfang der Erprobung. Ihr Engagement im Projekt ist vom Versuch getragen, „am Ball zu bleiben“. Hier stehen beispielsweise Themen wie Fernwartung oder Ferndiagnose oder die Nutzung mobiler Endgeräte als technologische Anwendungen auf der Agenda.
Die Ergebnisse der Analysen wurden in inner- und überbetrieblichen Workshops präsentiert und im Hinblick auf Weiterbildungsmaßnahmen diskutiert. Im Ergebnis wurde gerade dieser inner- und außerbetriebliche Dialog von den beteiligten Firmen als besonders wichtig eingeschätzt, weil er sonst kaum stattfindet: Aus- und Weiterbildung, Personalentwicklung, technische Planer und Betriebsräte setzen sich an einen Tisch und beraten die betriebliche Entwicklung in Sachen Industrie 4.0!
Weiterbildung – passend zu den Beschäftigten, die bereits im Betrieb sind, oder zu denen, die noch nicht da sind?
Vielleicht weniger aufgrund einer bestimmten Philosophie als vielmehr aufgrund des existierenden Arbeitskräftemangels sind sich die Betriebe bewusst, dass sie im Wesentlichen mit den Arbeitskräften auskommen müssen, die sie nun einmal zur Verfügung haben. Dazu gehören auch die un- und angelernten sowie älteren Arbeitnehmer. Dies bedeutet, dass die vorhandenen oder einzuführenden technischen Systeme auch von diesen Zielgruppen bedienbar und die entsprechenden Arbeitsanforderungen zu bewältigen sein sollten. In der einschlägigen Diskussion wird meist von Fachkräftemangel gesprochen und damit die Suche nach hochqualifizierten Arbeitskräften assoziiert. Potenzial liegt jedoch auch in den Beschäftigten ohne formalen Berufsabschluss. Diese Personen arbeiten zum Teil jahre- oder gar jahrzehntelang in derselben Firma und sind genauso wenig problemlos zu ersetzen wie hoch qualifizierte Fachkräfte. Diese Gruppen sollen zwar auch an Industrie 4.0-Technologien herangeführt werden, aber nicht um den Preis riskanter technischer und arbeitsorganisatorischer Veränderungen, die dann möglicherweise darin münden, dass Beschäftigte die technischen Innovationen zum Teil überhaupt nicht beherrschen.
Ergebnisse des Projekts „Prospektive Weiterbildung für Industrie 4.0“ passend machen und nutzen!
Als Folge dieser Untersuchungen und Diskussionen wurde ein Weiterbildungskonzept mit insgesamt sieben Weiterbildungsmodulen entwickelt:
- Ausbildung zur Lernprozessbegleitung 4.0
- Arbeitsprozesswissen 4.0
- Arbeiten mit virtuellen Räumen
- Arbeiten mit Robotern
- Fernwartung/Fernsteuerung
- Technische Assistenzsysteme
- Nutzung mobiler Endgeräte
Die Module beinhalten, wie Industrie 4.0-Basistechnologien genutzt, aber auch, wie Wissen und Erfahrung im Betrieb weitergetragen werden können. Über einen Leitfaden können Interessierte erfahren, wie das entwickelte Weiterbildungskonzept für ihre Bedürfnisse vor Ort passend gemacht und genutzt werden kann.