Die Wirtschaftsregion Nordschwarzwald ist ein leistungsstarker und hochdynamischer Wirtschaftsstandort. Besonders prägend für diese Region ist die Automobil- und Zulieferindustrie, die eine zentrale Rolle in der regionalen Wirtschaft spielt. Doch die tiefgreifende Transformation dieser Branche stellt die Unternehmen vor große Herausforderungen, die sich auch im Nordschwarzwald bemerkbar machen. Angesichts dieser Veränderungen wurde das Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald (TraFoNetz) gegründet. TraFoNetz unterstützt die Unternehmen der Region partnerschaftlich bei der Zukunftsgestaltung und begleitet sie dabei, sich vor dem Hintergrund der globalen Entwicklungen wettbewerbsfähig aufzustellen.
Ein zentrales Anliegen von TraFoNetz ist es, Weiterbildung als Schlüssel für eine erfolgreiche Transformation zu etablieren. Um einen Einblick in den Stand der Weiterbildung in den Unternehmen zu gewinnen und Bedarfe zu erheben, hat das Transformationsnetzwerk eine Online-Umfrage zu verschiedenen Aspekten der beruflichen Weiterbildung und Qualifizierung durchgeführt. Die Fragen wurden in enger Zusammenarbeit mit der AgenturQ, Konsortialpartner in TraFoNetz, entwickelt.
Die Online-Umfrage richtete sich an Betriebsräte, Personalabteilungen, Führungskräfte, Geschäftsleitung sowie Aus- und Weiterbildungsleitungen. Diese teilten ihre Einschätzungen, Einsichten, Bedenken und Erwartungen bezüglich der Weiterbildungspraxis und Qualifizierungsbedarfe. Die Online-Umfrage, die von Anfang Februar bis Ende März 2024 online war, erreichte insgesamt 99 Personen aus Unternehmen der Automobil- und Zulieferindustrie sowie angrenzender Branchen stammen, von denen sich 82 aktiv für die betriebliche Weiterbildung in ihren Unternehmen engagieren und
In diesem Blogbeitrag werden die Hauptergebnisse der Umfrage vorgestellt und ihre Relevanz für die Weiterbildungssituation in der Region Nordschwarzwald diskutiert. Eine ausführliche Auswertung, die einen detaillierten Blick in die Ergebnisse der Umfrage wirft, ist auf der Webseite von TraFoNetz (www.trafonetz.de) in der Mediathek zu finden.[1]
Auswirkungen der Transformation
Die tiefgreifende automobile Transformation kommt bei den Unternehmen an, das zeigten die Ergebnisse der Online-Umfrage deutlich. Über 50 % der Befragten geben an, dass ihr bisheriges Geschäftsmodell von den Entwicklungen in der Automobil- und Zulieferindustrie betroffen ist. Besonders Unternehmen mit einem hohen Anteil an Arbeitsplätzen, die direkt oder indirekt vom Verbrennungsmotor abhängen, bestätigten dies. Die Ergebnisse zu den Auswirkungen der Transformation auf die Arbeitsplätze am Unternehmensstandort sind in Abbildung 1 zusammengefasst.
Der überwiegende Teil der Befragten erwartet, dass sich die Arbeitsplätze verändern werden. Nur 11 % der Befragten glauben, dass die Transformation keine Auswirkungen haben wird. Mit Blick auf die Qualifikationsanforderungen gaben knapp 70 % der Befragten an, dass die Anforderungen an ihrem Unternehmensstandort steigen werden, während nur etwa 8% glauben, dass sie sinken werden.
Berufliche Weiterbildung – Maßnahmen und Bedarf
Viele Unternehmen (67 %) ergreifen bereits strategische Maßnahmen zur Fachkräftesicherung und Kompetenzentwicklung, um auf die aktuellen Entwicklungen zu reagieren (Abb. 2). Besonders häufig (64 %) werden Personalgespräche genutzt, um den Qualifizierungsbedarf der Beschäftigten zu besprechen und notwendige Qualifizierungen zu vereinbaren. Zudem ermitteln viele Unternehmen systematisch den Qualifizierungsbedarf ihrer Mitarbeitenden und überprüfen die Qualität und den Nutzen von Qualifizierungsmaßnahmen (61 %).
Trotzdem wirken viele Faktoren gegen die Durchsetzung einer strategischen Kompetenzentwicklung der Beschäftigten. Am häufigsten ist der Mangel an einem klaren Zielbild genannt (dies geben über 55 % der Befragten als Hinderungsgrund an). Und obwohl berufliche Weiterbildung ist in vielen Unternehmen Teil des Unternehmensleitbildes (65 %), haben in den letzten 12 Monaten im Schnitt nur 26 % an einer Weiterbildung teilgenommen. Dabei ist der Weiterbildungsbedarf in vielen Unternehmensbereichen sehr hoch. Im Schnitt wird der Weiterbildungsbedarf im Bereich Forschung und Entwicklung von den Befragten am höchsten eingeschätzt. 66 % der Befragten geben an, dass in diesem Bereich sehr viel (30 %) oder viel (36 %) Weiterbildungsbedarf besteht. Im Bereich IT wird der Bedarf an Weiterbildungsmaßnahmen am zweitgrößten eingeschätzt.
Eine erfolgreiche Weiterbildung setzt die Wahl einer passenden Form und eines geeigneten Angebots voraus. Die Umfrage zeigt, dass Weiterbildungen am Arbeitsplatz und unternehmensinterne Kurse und Seminare in vielen Unternehmen angeboten werden. Andere Formen wie Job-Rotationen werden jedoch nur in knapp 40 % der Unternehmen angeboten, obwohl sie für viele Befragte interessant wären.
Das Weiterbildungsangebot
Ein weiteres Ergebnis der Umfrage ist, dass viele Unternehmen das Weiterbildungsangebot in der Region nicht gut kennen. Über 50 % der Befragten geben an, das Angebot gar nicht oder eher nicht zu kennen.
Vor allem im Bereich der Industriefähigkeiten und technologischer Fähigkeiten geben die Befragten aber auch an, dass in der Region das Weiterbildungsangebot zum Teil nicht die passenden Angebote umfasst. Dabei wäre gerade im Bereich der technologischen Fähigkeiten ein breites, passendes Angebot besonders entscheidend, da die Relevanz dieser Kompetenzen für die Zukunft sehr hoch eingeschätzt werden. Knapp 85 % der Befragten meinen, dass technologische Fähigkeiten in ihrem Unternehmen in Zukunft wichtiger werden. Auch die Bedeutung der anderen Kompetenzbereiche [überfachliche Fähigkeiten (77 %), digitale Schlüsselqualifikationen (64 %) und Industriefähigkeiten (64 %)] steigt laut der Einschätzung des Großteils der Befragten weiter an, jedoch in etwas geringerem Maße.
Finanzierung
Die Finanzierung der Weiterbildung ist ein entscheidender Faktor und 50% der Unternehmen verfügen über ein festes Budget für Fort- und Weiterbildungen. Bei der Finanzierung von Weiterbildung können Unternehmen und vor allem KMU entscheidend unterstützt werden. So gibt es zum Beispiel über die Agentur für Arbeit durch das sogenannte Qualifizierungschancengesetz die Möglichkeit, die berufliche Weiterbildung im Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen finanziell fördern zu lassen. Die Online-Umfrage zeigt, dass nur 18 % der Befragten sich gut mit den finanziellen Fördermöglichkeiten für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung auskennen.
Fazit
Die vorliegende Weiterbildungsumfrage ermöglicht einen Blick auf die Weiterbildungssituation der Unternehmen der Automobil- und Zulieferunternehmen im Nordschwarzwald. Hierbei werden die Perspektiven der relevanten Akteure im Bereich der Weiterbildung berücksichtigt. Die Ergebnisse liefern praxisnahe Erkenntnisse. Es wird deutlich, dass die Unternehmen im Nordschwarzwald beim Thema Weiterbildung vor großen Herausforderungen stehen. Diese Herausforderungen anzugehen ist von zentraler Bedeutung, da die kontinuierliche Kompetenzentwicklung der Beschäftigten ein entscheidender Schlüssel für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen darstellt.
Die Unternehmen in der Region werden mit den Herausforderungen in der betrieblichen Weiterbildung nicht alleine gelassen. Das Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald bietet mit seinen Maßnahmen und Angeboten Anlaufstelle für Fragen, Bedarfe und Schwierigkeiten. Aber auch die Tätigkeiten der Konsortial- und Netzwerkpartner von TraFoNetz bieten breite Unterstützung. Die Ergebnisse der Weiterbildungsumfrage dienen als wichtige Grundlage zur Anpassung und Verbesserung der Angebote im Bereich der Weiterbildung von TraFoNetz. Gleichzeitig zeigt die Analyse den Bedarf z.B. zur Erhöhung der Transparenz der Weiterbildungsangebote in der Region und Entwicklung neuen Weiterbildungsmodule zu relevanten Zukunftskompetenzen – Anliegen, die von TraFoNetz ganz konkret bearbeitet werden.
Wenden Sie sich mit Ihren Fragen und Anliegen rund um das Thema der beruflichen Weiterbildung gerne an die ProjektmanagerInnen vom TraFoNetz.
[1] Link zur Vollversion der Auswertung:
https://trafonetz.de/wp-content/uploads/2024/06/Weiterbildungsbefragung-Nordschwarzwald.pdf
Gastautorin: Svea Taube, Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald