28. November 2018  |  
Dominique-Navina Pantke

Weiterbildung 4.0 = Lernen 4.0 ?

Immer wieder stellen wir uns in unserem Projekt Prospektive Weiterbildung für Industrie 4.0 die Frage, ob ein Lernen für und im Rahmen der digitalen
Arbeitswelt zwangsweise digitale Lehr-/Lernmethoden beinhalten muss. Und auch unsere teilnehmenden Betriebe beschäftigt das. „Kann ich Industrie 4.0
ernsthaft am Flipchart erklären?“ ist beispielsweise eine dieser Fragen, die wir schon des Öfteren gestellt bekommen haben. Nun ja, ich würde einerseits
sagen, dass es irgendwie ein wenig seltsam ist, so im „Analogen“ verhaftet zu bleiben, wo sich doch thematisch alles um Digitalisierung dreht.
Andererseits denke ich mir, dass eine klassischere Herangehensweise in manchen Fällen vielleicht sogar notwendig ist, um erste Hürden und Berührungsängste
zu überwinden.
Wer weiß?

Denn wenn jemand sich im laufenden Betrieb bisher geweigert hat, eine digitale Anwendung oder Maschine jüngeren Alters zu nutzen und dies immer andere
Kolleginnen und Kollegen hat machen lassen, der wird sich in einem Schulungssetting vielleicht erst einmal wohler fühlen, wenn ich ihn oder sie nicht im
ersten Schritt vor einen PC setze oder eine VR-Brille präsentiere, ohne vorher darauf eingegangen zu sein, was es generell an Möglichkeiten für den
jeweiligen Betrieb gibt und was das Ganze beispielsweise für Vorteile mit sich bringt.

Die Ausgangslage rund um das Thema Lern(-setting-)gestaltung ist wie so oft sehr heterogen.
Einige Betriebe arbeiten zum Beispiel schon länger mit E-Learning Systemen, andere bieten darüber hinaus auch Blended Learning Kurse an und wieder
andere haben von dem Ganzen zwar gehört, wollen darüber aber nicht viel wissen. Wobei man hier natürlich auch grundsätzlich darüber streiten kann,
ob ein Unternehmen im Weiterbildungsbereich nun digital gut aufgestellt ist, nur weil es E-Learning, z.B. mittels eines Web Based Trainings (WBT) anbietet.
„Digital lernen“ kann man nämlich zum Beispiel auch mit dem Smartphone, über Videoportale (denken Sie zum Beispiel im privaten Kontext an ein YouTube-Video
zum Krawattenbinden) oder einem selbst zu programmierenden Minibot. (Beispiel 1 und Beispiel 2)

Digital Lernen“ hat also durchaus mehrere Bedeutungen und kann sich entweder auf

  • den Inhalt oder
  • die Methode beziehen, sowie natürlich auch
  • beides in sich vereinen.

Es kommt also erst einmal wieder darauf an, wie „Lernen 4.0“ definiert wird. Ähnlich wie auch der Begriff „Industrie 4.0“ selbst in verschiedenen Unternehmen
unterschiedlich definiert wird, müssen Sie sich zunächst überlegen ob Sie nur die Inhalte, nur die Methoden oder eben beides in den Vordergrund stellen wollen.

Also einmal abgesehen davon, dass Lernen in digitalen Settings Spaß machen kann und viele neue Möglichkeiten mit sich bringt – wenn es Ihnen als Betrieb jedoch
zunächst darum geht, Ihre Beschäftigten auf eine neue Arbeitswelt vorzubereiten, dann kann Ihnen im Grunde jedes (Hilfs-)Mittel recht sein. Ob es sich nun
Flipchart oder Minibot schimpft, eine Diskussion in der Gruppe oder eine Anlageneinführung mittels virtueller Realität darstellt.

Letztendlich gilt: Sie kennen Ihren Betrieb am besten und Sie wissen, wie Weiterbildung bisher gut funktioniert hat und welche Formate nicht so gut gelaufen sind.
Sollten zur ‚erfolgreichen Reihe‘ also eher klassische Seminare gehören, mit Flipchart und Pinnwand, dann ist in Ihrem Fall auch das eine gute Variante, um die
Beschäftigten abzuholen und mitzunehmen in diesem Wandel der Arbeitswelt.

Unerlässlich ist aus unserer Sicht jedoch, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen einer Schulungsmaßnahme selbst aktiv werden können.
Eine Lernfabrik 4.0 zu besuchen ist in jedem Falle eindrucksvoll und an manchen Stellen, beispielsweise vor der Einführung einer neuen Anlage oder Linie sinnvoll.
Jedoch mag es für den einzelnen Beschäftigten nachhaltiger sein, wenn er oder sie die betroffene Sache nicht nur aus Erzählungen einzelnen Kolleginnen und Kollegen
kennt. Wenn Sie ein Thema wie zum Beispiel Roboterbedienung also „analog“ einführen, sollte zumindest die Möglichkeit bestehen, den entsprechenden Roboter
auch einmal zu betrachten, anzufassen und im Idealfall in einem Testumfeld bedienen zu können. Weiterhing können auch informelle Erklärungen durch die Hersteller
selbst (oder vor Ort durch einen betrieblichen Technikverantwortlichen) zur Erlangung der in diesem Fall benötigten „digitalen Kompetenz“ beitragen.

Sie sehen, es bestehen, egal wie Sie Ihre Schwerpunkte setzen, bei der Gestaltung von Lernräumen rund um Digitalisierung und Industrie 4.0, keine Einschränkungen.
Die Hauptsache ist, dass Sie in diesem Bereich überhaupt aktiv werden.