12. Oktober 2020  |  
Gastbeitrag

7 Fragen und Antworten zum DigiREADY-Projekt

Seit mehr als einem halben Jahr läuft es nun, das DigiREADY-Projekt: In diesem begleitet die AgenturQ gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Organisational Studies an der Universität Konstanz Unternehmen und Betriebsräte, um vor allem einer wichtigen Frage nachzugehen: Wie kann die digitale Grundkompetenz der Beschäftigten gestärkt werden?

Im folgenden Blogbeitrag werden 7 Fragen gestellt und beantwortet, welche sich mit dem Konzept des DigiREADYs, seinem Hintergrund sowie ersten Ergebnissen aus der Praxis befassen.

Warum braucht es überhaupt einen DigiREADY?

Vor dem Hintergrund der immer mit stärkeren Anforderungen verbundenen Digitalisierung der Arbeitswelt, benötigen die Beschäftigten digitale Grundkompetenzen: Diese Kompetenzen beschreiben die Fähigkeit, gestellte Aufgaben und angestrebte Ziele mit Hilfe von digitalen Technologien zuverlässig zu erreichen. Digitale Grundkompetenzen sind demnach eine Voraussetzung für eine erfolgreiche digitale Transformation.

Daher ist es wichtig, diese digitalen Grundkompetenzen allen Beschäftigten im Unternehmen zu ermöglichen und die Weiterbildung auf diesem Bereich zu stärken. Diesen Ansatz verfolgt der DigiREADY.

Wie genau definiert sich der DigiREADY und wo setzt er an?

Der DigiREADY hat zum Ziel, die digitale Grundkompetenz der Beschäftigten langfristig zu stärken, indem konkrete Handlungsempfehlungen und Tools entwickelt werden, welche die Weiterbildungsangebote innerhalb des Unternehmens betreffen. Hierbei geht es sowohl darum, die vorhandenen Weiterbildungsangebote des Unternehmens besser auf die Beschäftigten anzupassen als auch zu verstehen, welche Weiterbildungspräferenzen die Mitarbeitenden besitzen. Auf dem Weg zu digitalen Grundkompetenzen ist es daher auch elementar, nachvollziehen zu können, wie motiviert die Beschäftigten sind, sich weiterzubilden und inwieweit ihre Führungskräfte sie in diesem Vorhaben unterstützen.

Dabei ist es wichtig, das jeweilige Unternehmen einer individuellen Bedarfsanalyse zu unterziehen und sich den Status Quo anzuschauen, bevor konkrete Empfehlungen für die Führungskräfte und Belegschaft gegeben werden können. Diese Bedarfsanalyse setzt sich aus einer umfangreichen Mitarbeiterbefragung zusammen, in welcher mit Hilfe verschiedener Umfragetechniken die digitalen Kompetenzen, Weiterbildungspräferenzen und persönliche Eigenschaften erhoben werden.  Je nach Bedarf kann die Befragung auf die Handlungsfeldern der jeweiligen kooperierenden Unternehmen zugeschnitten werden.

Was ist das Besondere am DigiREADY?

Das Besondere an der Konzeption des DigiREADY ist die vielseitige Anpassungsfähigkeit sowie das Zusammenspiel der beteiligten Akteure: Die Erarbeitung des DigiREADY erfolgt im Rahmen einer langfristig angelegten Kooperation zwischen der AgenturQ und dem Lehrstuhl für Organisational Studies an der Universität Konstanz unter der Leitung von Prof. Dr. Florian Kunze. Durch dieses Zusammenspiel entsteht eine starke Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis, welche sowohl bei der Erstellung des Fragebogens, der Auswertung der Daten sowie der Erstellung der Handlungsempfehlungen und Konzeption des Tools zum Tragen kommt. Zusätzlich ermöglicht die starke Variabilität und Flexibilität dem Kooperationspartner, für welchen der DigiREADY erstellt wird, ein hohes Maß an Mitbestimmung und Mitgestaltung, um den Fokus der Analyse auf bestimmte Themen legen zu können.

Wie ist der Stand bei den bisherigen DigiREADY Projekten?

Seit nun gut einem halben Jahr arbeiten wir mit unserem ersten Partnerunternehmen aus der Metall- und Elektroindustrie an zwei Standorten im Baden-Württemberg zusammen. Im Rahmen des Projektes haben wir gemeinsam den Fragebogen konzipiert und die Mitarbeiterbefragung über mehrere Wochen hinweg online durchgeführt. Insgesamt gelang es uns, über 1.000 Beschäftigte zu ihren digitalen Grundkompetenzen und Weiterbildungspräferenzen zu befragen. Durch die Datenauswertung konnte der Bedarf ermittelt und erste Rückschlüsse gegeben werden. Derzeit konzipieren wir die konkrete Handlungsempfehlung zur beruflichen Weiterbildung für das Partnerunternehmen. Zudem wird das Herzstück des Projektes, das DigiREADY-Tool entwickelt, welcher einen Fragebogen umfasst, der als Ausgangspunkt für Mitarbeitergespräche und als Entwicklungstool genutzt werden kann. Auch hier erfolgt die Konzeption des Tools in gemeinsamer Abstimmung der beteiligten Akteure in den Partnerunternehmen, um bereits vorhandene Weiterbildungsmaßnahmen zu nutzen, zu verbessern und individuell an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden anpassen zu können. Anschließend ist das Ziel, dass das DigiREADY-Tool an die Führungskräfte und Mitarbeitenden der jeweiligen Standorte versendet werden kann und im Unternehmensalltag zur Optimierung der Weiterbildungsprozesse auf dem Weg zu mehr digitalen Grundkompetenzen genutzt wird.  

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse aus den ersten Analysen des DigiREADY-Projektes?

Grundsätzlich geht aus unseren bisherigen Analysen hervor, dass der Großteil der Beschäftigten hinsichtlich ihre digitalen Grundkompetenz gut aufgestellt ist. Jedoch wurde in unseren ersten Auswertungen auch deutlich, dass der Grad an digitaler Grundkompetenz je nach Alter der Befragten und Bildungshintergrund stark variiert. Besonders bei älteren Beschäftigten kam zum Vorschein, dass diese ihre digitale Grundkompetenz niedriger einschätzten, während jüngere Beschäftigte hier deutlich höhere Werte aufwiesen. Zu ähnlichen Schlüssen kamen wir auch bei der Analyse der verschiedenen Bildungshintergründe. Grundsätzlich lässt sich sagen: Je höher der Bildungsabschluss, desto höher die digitale Grundkompetenz. Allerdings muss hier angemerkt werden, dass ein Großteil der Befragten akademische Abschlüsse aufzuweisen hatte, weshalb die Verteilung an dieser Stelle ein wenig verzerrt ist und keine eindeutigen Rückschlüsse zulässt.

Ähnliches zeigt sich auch beim Blick auf die Weiterbildungsbereitschaft und tatsächliche Teilnahme. Auf der einen Seite kann hervorgehoben werden, dass die generelle Weiterbildungsbereitschaft bei den Beschäftigten in unserem Partnerunternehmen sehr hoch ist. Eine deutliche Mehrheit der Befragten gab an, sich freiwillig zu Themen weiterbilden zu wollen – auch wenn dies außerhalb des eigenen Fachgebiets läge, aber dem Unternehmen einen Mehrwert bieten würde. Dennoch lässt sich festhalten, dass auch bei diesen Ergebnissen ein Alterseffekt zu beobachten ist: Mit steigendem Alter scheint die grundsätzliche Weiterbildungsbereitschaft zu sinken.

Anders als die grundsätzlich vorhandene Weiterbildungsbereitschaft ist jedoch die letztendliche Teilnahme an Weiterbildungen zu bewerten. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, in den letzten zwei Jahren gar nicht oder maximal an zwei freiwilligen Weiterbildungen teilgenommen, die innerhalb des Unternehmens organisiert waren. Bei freiwilligen Weiterbildungen außerhalb des Unternehmens lag dieser Anteil sogar bei über 80 Prozent. Zudem gaben nur 40 Prozent der Befragten an, eine große Auswahl an Weiterbildungsangeboten im Unternehmen vorzufinden. Im Hinblick auf die berufliche Weiterbildung signalisieren diese Ergebnisse also einen deutlichen Handlungsbedarf.

Welche Stellschrauben gilt es zu beachten, um die digitale Grundkompetenz zu erhöhen?

Im Hinblick auf eine Erhöhung der digitalen Grundkompetenzen gilt es, die Weiterbildungsbereitschaft sowie die letztendliche Weiterbildungsteilnahme aller Beschäftigten zu erhöhen. Unsere Auswertungen zeigen hier in eine eindeutige Richtung: Die wichtigste Rolle kommt hierbei den Führungskräften zu, welche die generelle Entwicklung und Teilnahme an beruflichen Weiterbildungen ihrer Mitarbeitenden am direktesten beeinflussen können. Unsere Daten zeigen, dass Mitarbeitende, die sich regelmäßig mit ihrer Führungskraft über Weiterbildungsmöglichkeiten, aber auch über neue Karrierewege innerhalb des Unternehmens austauschen, besonders hohe digitale Grundkompetenzen aufweisen. Auf der anderen Seite wird aber auch die Kehrseite dieser Erkenntnis deutlich: Beschäftigte, die angaben, dass ihre Führungskraft sie hinsichtlich Weiterbildungen, Entwicklungsmöglichkeiten oder zukünftiger Karriereziele nicht ausreichend unterstütze, wiesen deutlich geringe Werte an digitalen Grundkompetenzen auf. 

Zudem, lassen sich durch unseren DigiREADY weitere Implikationen für die innerbetriebliche Weiterbildung ableiten: Grundsätzlich muss darauf geachtet werden, für ein positives Weiterbildungsklima im direkten Arbeitsumfeld zu sorgen und die Wertschätzung und Unterstützung der direkten Vorgesetzten für Mitarbeitende aller Alters- und Bildungsgruppen zu gewährleisten. Zwar zeigen unsere bisherigen Auswertungen, dass ältere Mitarbeitende grundsätzlich über eine geringere Weiterbildungsbereitschaft verfügen und sich in Folge dessen auch weniger zutrauen, berufliche Ziele mit Hilfe von digitalen Technologien zuverlässig zu erreichen. Jedoch, und hier folgt der Knackpunkt, weisen unsere Analysen deutlich auf Stellschrauben hin, welche zum Beispiel den Effekt von Alter auf digitale Grundkompetenzen abschwächen: Mitarbeitende, welche sich von ihrer Führungskraft wertgeschätzt und in ihrer beruflichen Entwicklung unterstützt fühlen, wiesen bessere Werte an digitalen Kompetenzen auf als solche, die über zu wenig Unterstützung klagten. Zudem ist es wichtig, latente Vorurteile gegenüber älteren Mitarbeitenden entgegenzuwirken und ein Arbeitsklima zu schaffen, welches ein positiveres Bild von Alter erzeugt: Schließlich gab über ein Drittel der Befragten in unserem Partnerunternehmen an, über solche Altersstereotype zu verfügen und der Meinung zu sein, dass sich ältere Beschäftigte weniger intensiv mit digitalen Technologien auseinandersetzen als jüngere Mitarbeitende und auch generell mit der Geschwindigkeit des digitalen Wandels nicht Schritt halten können. Solche Stereotype sind nicht zu unterschätzen: Aus verschiedenen Forschungsergebnissen geht hervor, dass ein stereotypes Bild von älteren Mitarbeitenden innerhalb einer Firma tatsächlich das Arbeitsklima, die Arbeitsmotivation und letztendlich auch die Produktivität beeinflussen kann. Zudem kann das Vorhandensein von solchen Altersstereotypen auch zum Phänomen der sogenannten Selbst-Stereotypisierung führen, nach welcher eine Person Vorurteile gegenüber sich selbst verinnerlicht. Auch unsere Daten zeigen, dass ältere Mitarbeitende, welche über starke Vorurteile gegenüber ihrer eigenen Altersgruppe verfügen, deutlich schlechtere digitale Grundkompetenzen aufwiesen als solche, die keine Altersstereotype besaßen. Und das wichtigste: Der Effekt war am stärksten, wenn diese Mitarbeitenden gleichzeitig angaben, von ihrer Führungskraft hinreichend bzgl. innerbetrieblicher Weiterbildung und Entwicklung unterstützt zu werden. Zugleich, und das ist erfreulich, zeigten unsere Analysen, dass das Alter der Mitarbeitenden keine negative Rolle in der Entwicklung von digitalen Grundkompetenzen mehr spielte, wenn diese starke Unterstützung der Führungskraft sowie keine negativen Altersstereotype aufwiesen.

Wie kann ich Teil des DigiREADY-Projektes werden?

Diese ersten Ergebnisse haben Ihre Neugier auf mehr geweckt? Wenn Sie mit Ihrem Unternehmen Teil des DigiREADY Projektes werden möchten und eine Handlungsempfehlung mit individueller Unterstützung und Beratung wünschen, melden Sie sich gerne für einen unverbindlichen Austausch bei Edda Glase () oder Kilian Hampel (). In diesem Austausch freuen wir uns, Ihnen unser Konzept noch einmal genauer vorstellen zu können.

Ein Gastbeitrag von Kilian Hampel

Kilian Hampel (M.A.) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Organisational Studies an der Universität Konstanz. Er arbeitet innerhalb der Forschungskooperation der AgenturQ und der Universität Konstanz, die von der AgenturQ finanziell getragen wird.