2. November 2021  |  
Gastbeitrag

Das DigiREADY-Projekt, Phase II: Die Beschäftigten mit Werkstätigkeiten

Hintergründe zur zweiten Projektphase des DigiREADY-Projektes

Unser DigiREADY-Projekt zur Stärkung der digitalen Grundkompetenz haben wir Ihnen ja schon in den vorangegangenen Newslettern und Blogbeiträgen nähergebracht. Für alle, die es noch nicht kennen: Das DigiREADY-Projekt entsteht aus einer gemeinsamen Kooperation der AgenturQ und der Universität Konstanz und hat zum Ziel, die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg bestmöglich in der sich durch die Digitalisierung zunehmend verändernden Arbeitswelt zu unterstützen.

Die zweite Projektphase haben wir mit einem Partnerunternehmen an drei Unternehmensstandorten durchgeführt und sowohl Beschäftigte in den Büros als auch mit Werkstätigkeiten jeweils kontextspezifisch befragt. Insgesamt konnten wir so die Erfahrungen von über 650 Mitarbeitenden sammeln und analysieren.

Der nachfolgende Blogbeitrag ist der erste von insgesamt drei Beiträgen, welche aus der zweiten Projektphase berichten. Im ersten Blogbeitrag wird auf die Befragung in den Werken eingegangen. Zunächst werden die Haupterkenntnisse der Befragung aufgezeigt, anschließend finden Sie ein Video-Interview mit Prof. Dr. Florian Kunze, Leiter des Future of Work Lab an der Universität Konstanz, welcher das DigiREADY-Projekt mitbetreut. In dem Interview ordnet Herr Kunze diese Hauptkenntnisse in den Kontext ein und gibt Tipps für die Praxis.

Der Grad der digitalen Grundkompetenz

Die digitale Grundkompetenz beschreibt die Fähigkeit und Zuversicht, sich zielführend mit digitalen Technologien auseinanderzusetzen. In Bezug auf die sich transformierende Arbeitswelt gilt die digitale Grundkompetenz als Schlüsselkompetenz, um die Zukunft erfolgreich angehen zu können. In unseren Ergebnissen in den Werkstätigkeiten sehen wir, dass die Beschäftigten grundsätzlich sehr gute Werte bei der digitalen Grundkompetenz aufweisen. Die Beschäftigten fühlen sich in der Lage, digitale Endgeräte wie Tablets oder Smartphones, zu bedienen und diese, falls es für Ihre Arbeit notwendig wäre, auch dort einzusetzen. Jedoch werden hier starke Altersunterschiede deutlich: Zwar liegt die digitale Grundkompetenz bei der Belegschaft der Altersgruppe „51 Jahre und älter“ immer noch im moderaten Bereich (49% mit guten bis sehr guten Kompetenzen), doch ist der Unterschied zur jüngsten Altersgruppe von „18 bis 30 Jahre“ deutlich zu erkennen.

Die Wahrnehmung der Digitalisierung

Für die Gewinnung von digitaler Grundkompetenz und der erfolgreichen Bewältigung des digitalen Wandels ist es außerdem wichtig, der Digitalisierung offen gegenüberzustehen und eine positive Grundwahrnehmung zu besitzen, was mögliche zukünftige Veränderungen durch die Digitalisierung am Arbeitsplatz betrifft. Dies schließt auch die Bereitschaft ein, sich für den digitalen Wandel beim Arbeitgeber einzusetzen und, gerade bei Werkstätigkeiten, die Arbeit mit digitalen Technologien nicht zu scheuen. Die Ergebnisse unserer DigiREADY-Befragung bei den Werkstätigkeiten zeigt, dass die Beschäftigten in dem Unternehmen grundsätzlich ein gutes Gefühl bei der Digitalisierung besitzen und annehmen, dass diese willkommene Veränderungen bringt. Jedoch scheint die Digitalisierung auch Unbehagen auszulösen: Während sich 59% der Werksmitarbeitenden durch die Digitalisierung und Automatisierung am Arbeitsplatz nicht in der Sicherheit ihres Arbeitsplatzes bedroht fühlen, sind es im Umkehrschluss doch etwas mehr als 40 Prozent, die sich ihres Arbeitsplatzes nicht absolut sicher fühlen. Grundsätzlich lässt sich jedoch festhalten, dass die Beschäftigten mit Werkstätigkeiten gewillt scheinen, proaktiv auf anstehende Veränderungen zu reagieren: Mehr als drei Viertel der Befragten gaben an, einen bedeutenden Beitrag zum digitalen Wandel bei dem Unternehmen leisten zu wollen.

Ich wäre grundsätzlich bereit, einen bedeutenden Beitrag zum digitalen Wandel bei meinem Unternehmen zu leisten.“

Weiterbildungsmotivation und wahrgenommenes Angebot

Ähnlich der Ergebnisse zur Offenheit gegenüber der Digitalisierung sind auch die Erkenntnisse zur Weiterbildungsbereitschaft der Beschäftigten mit Werkstätigkeiten ausgeprägt. Es wird deutlich, dass die Mehrheit der Beschäftigten motiviert ist, an Kursen und Schulungen teilzunehmen, welche die beruflichen Fachkenntnisse erweitern, als auch an solchen, die sich an allgemeine Fähigkeiten wie z.B. sozialer Kompetenz richten. Ebenso groß ist das Interesse, sich zu Themen weiterzubilden, welche außerhalb des eigentlichen Fachgebietes liegen. Diese hohe Motivation zur Weiterbildung stößt jedoch nicht auf die gleich hohe Wahrnehmung der Beschäftigten mit Werkstätigkeiten, ausreichend Weiterbildungsoptionen in ihrem Unternehmen zu kennen. Viele Beschäftigte geben an, nicht ausreichend Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten in ihrem Unternehmen vorzufinden und wünschen sich mehr Angebot und Möglichkeiten, sich persönlich weiterentwickeln zu können. Gerade im Hinblick auf den digitalen Wandel kann dies so gedeutet werden, dass die Beschäftigten sich für die Zukunft noch nicht ausreichend unterstützt fühlen. Dies betrifft auch die direkte Führungskraft: 40 Prozent der Befragten mit Werkstätigkeiten gaben an, sich von ihrer Führungskraft nicht ausreichend unterstützt zu fühlen, wenn es um die Teilnahme an weiterbildenden Kursen und Schulungen geht. Zusammenfassend scheint hier also eine Diskrepanz zwischen Weiterbildungsmotivation und wahrgenommenem Weiterbildungsangebot vorzuliegen.

Was bedeutet dies konkret für Beschäftigte, Führungskräfte und Verantwortliche von Unternehmen? Das nachfolgende Interview soll helfen, die Ergebnisse besser in den Kontext einordnen und interpretieren zu können. Prof. Dr. Florian Kunze ist Leiter des Konstanz Future of Work Lab der Universität Konstanz, welcher das DigiREADY-Projekt mitbetreut. Im nachfolgenden Video erfahren wir daher, wie er die Ergebnisse grundsätzlich bewertet und wo er Handlungsbedarf sieht.

„Um in der Digitalisierung gut mithalten zu können, ist fortwährendes Lernen und fortwährende Qualifizierung ganz, ganz wichtig.“
Prof. Dr. Florian Kunze

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Fragen und Kernaussagen des Interviews:

Wie bewerten Sie die Ergebnisse dieser DigiREADY-Befragung bei den Beschäftigten mit Werkstätigkeiten grundsätzlich?

  • Positive Ergebnisse: Gute Werte der digitalen Grundkompetenz, positive Grundstimmung gegenüber der Digitalisierung.
  • Andererseits ist auch ein gewisses Unbehagen bei den Beschäftigten vorhanden, welche von der Führungs- und Unternehmensseite adressiert werden sollte.

Wie schafft man eine positive Wahrnehmung der Digitalisierung? Worauf kommt es da genau an?

  • Hier ist die gesamte Organisation mit Führungskräften und den Verantwortlichen gefragt. Entscheidend ist das „Framing“, also die Perspektive auf die Digitalisierung, die das Unternehmen einnimmt.
  • Diese Perspektive sollte chancenorientiert und zukunftszugewandt sein und allen Beschäftigten vermitteln, wie gemeinsam Chancen und Erfolge genutzt und erreicht werden können.

Wie ist die eventuelle Diskrepanz zwischen Weiterbildungsmotivation und wahrgenommenem Weiterbildungsangebot zu deuten?

  • Es ist nicht selten, dass es Unterschiede zwischen der Bereitschaft, sich weiterzubilden und dem wahrgenommenen Angebot gibt.
  • Daher hat die Unternehmens- und Personalleitung die Aufgabe, die vorhandenen Weiterbildungsmöglichkeiten für alle Beschäftigten sichtbar machen zu machen. Dies gelingt nur, wenn die Führungskräfte auch oder gerade in den unteren Bereichen miteinbezogen werden und das Unterstützungsangebot kennen und verbreiten können.  Die direkte Führungskraft ist immer noch der:die erste Ansprechpartner:in, wenn es um Weiterbildung am Arbeitsplatz geht.

Ausblick

Im nächsten Blogbeitrag, welcher in zwei Wochen erscheint, geht es um die Befragung, welche wir im Rahmen dieser Projektphase in den Büros durchgeführt haben. Im dritten Blogbeitrag stellen wir Ihnen unser überarbeitetes DigiREADY-Tool vor. Seien sie gespannt!

Ein Gastbeitrag von Kilian Hampel und Prof. Dr. Florian Kunze, Lehrstuhl für Organisational Studies an der Universität Konstanz.