Newsletter 2. Quartal 2020

Die Zukunft

beginnt mit

Qualifizieren


Inhaltsverzeichnis

Editorial

Neues aus der AgenturQ

Im Interview

Wissenswertes und Interessantes

Praxistipp

Blogbeiträge


Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

rund zwei Monate hat das Team der AgenturQ im Homeoffice gearbeitet und dabei neue digitale Lernerfahrungen gesammelt. Wir waren selbst davon überrascht, wie viele verschiedene Möglichkeiten es gibt, sich digital weiterzubilden. Das hat uns auf die Idee gebracht, Sie zu Ihren digitalen Weiterbildungserfahrungen im Homeoffice zu befragen. Die Umfrage ist nun ausgewertet und wir möchten Sie nicht länger auf die Folter spannen, sondern Ihnen im aktuellen Newsletter die aufschlussreichen Ergebnisse vorstellen.

Auch wenn wir nach und nach an den regulären Arbeitsplatz zurückgekehrt sind, wird uns die Frage nach digitalen Weiterbildungsformen weiter beschäftigen. Möglicherweise ist die Corona-Krise auch ein Transformationsbeschleuniger für neue Lernformen und die berufliche Weiterbildung wird sich in den nächsten Jahren stärker verändern als in der Zeit zuvor. Hierüber habe ich mich für diesen Newsletter mit Dr. Josephine Hofmann vom Fraunhofer IAO und Prof. Dr. Florian Kunze von der Universität Konstanz unterhalten.

Wir bleiben dem Thema treu und geben Ihnen in diesem Newsletter auch Praxistipps zur Umsetzung digitalen Lernens (nicht nur im Homeoffice) an die Hand. Haben Sie sich beispielsweise schon einmal darüber Gedanken gemacht, wie Sie Arbeitstools auch als Lernwerkzeuge einsetzen können? Außerdem haben wir uns selbst die Frage gestellt, wie informelles Lernen im digitalen Zeitalter durch das Unternehmen gefördert werden kann.

Natürlich wollen wir es auch nicht versäumen, Sie über die geänderten Förderbedingungen des Qualifizierungschancengesetzes und die geltende Corona-Verordnung Berufsbildung zu informieren. Mehr dazu in dieser aktuellen Ausgabe des Newsletters.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß und Interesse beim Lesen.

Ihr


Neues aus der AgenturQ

Die AgenturQ hat in Kooperation mit der Universität Konstanz eine Studie zum Thema Weiterbildung im Homeoffice durchgeführt.

Dabei hat es uns interessiert, welche Weiterbildungsmöglichkeiten im Homeoffice genutzt werden, wie es Ihnen dabei ergeht und wie die Weiterbildung im Homeoffice verbessert werden kann.

Wir haben gefragt, Sie haben geantwortet.
Fangen wir doch zunächst einmal mit einer erfreulichen Botschaft an!

Unsere Umfrage hat ergeben, dass 3 von 4 der Befragten auf digitale Weiterbildungsangebote ihres Unternehmens zugreifen können. 75% der Befragten besitzen eine entsprechende Hardware, 79% der Befragten verfügen über eine entsprechende Internetverbindung. Die Grundlagen für digitale Weiterbildung sind dementsprechend in den meisten Fällen vorhanden. 74% der Befragten sind mit der Qualität der digitalen Weiterbildungsangeboten zufrieden. Die Zufriedenheit mit den bereits existierenden Angeboten könnte ein Indikator für die zukünftige Nutzung digitaler Weiterbildungsangebote sein.

Und wer von Ihnen hat in der Homeoffice-Phase digitale Weiterbildungsangebote genutzt? Wenn Sie nun zustimmend mit „Ja, habe ich“ antworten, gehören Sie zu den zwei Dritteln unserer Befragten, die sich ebenfalls im Homeoffice digital weitergebildet haben. Wir freuen uns über die Entwicklung, möchten aber auch die 33% von Ihnen nicht vergessen, die keine Möglichkeiten für digitale Weiterbildungen haben. Möglicherweise liegt dies an einer erhöhten Arbeitsbelastung, neuen Herausforderungen durch die Corona-Krise oder an nicht optimal auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen Weiterbildungsangeboten. Passende Weiterbildungskonzepte für Sie zu finden, zu entwickeln und anzubieten ist uns ein großes Anliegen (siehe auch Lernen im Homeoffice – zehn Erfolgsfaktoren; digitale Lernmöglichkeiten; Ideenportal und Konzepte der AgenturQ).

Die am häufigsten genutzten Online-Weiterbildungen sind dabei Webinare (91%), der digitale Austausch mit anderen (73%) und die Informationssuche mit Hilfe von Google (67%). Weitere digitale Weiterbildungsangebote wurden in geringerer Zahl genutzt.

Mit einem Blick in die Zukunft haben wir Sie zudem gefragt, welche digitalen Weiterbildungsangebote Sie auch in Zukunft nutzen wollen. Es zeichnet sich ein Trend hin zu interaktiven Lernformaten ab. Insbesondere Web-based-Trainings und Lern-Apps werden in der Zukunft eine größere Rolle spielen.

Kennen Sie eigentlich passende Weiterbildungsangebote, die zu Ihrer Arbeitsstelle oder zu Ihren Kompetenzen passen?

34% der Befragten geben an, nicht die digitalen Weiterbildungsangebote zu kennen, die zu ihnen passen. Woran könnte das liegen? Wir gehen davon aus, dass es zu wenig passende Weiterbildungen für spezifische Kompetenzbedarfe gibt und es an notwendigen Informationen und einer ausreichenden Kommunikation im Unternehmen mangelt. Dieser Gedanke wird von der Tatsache gestützt, dass sich 61% der Befragten in den vergangenen Wochen NICHT mit ihrem/ihrer Vorgesetzten über digitale Weiterbildungsmöglichkeiten ausgetauscht haben

Das führt dazu, dass die befragten Beschäftigten
  1. zu einem geringeren Anteil digitale Weiterbildungsangebote kennen, die zu ihrer Arbeitsstelle und ihren benötigten Kompetenzen passen.
  2. zu einem geringeren Anteil bereits digitale Weiterbildungsangebote genutzt haben.
  3. zu einem geringeren Anteil digitale Weiterbildungsangebote im Homeoffice nutzen.
Insbesondere der Austausch mit der Führungskraft hat einen großen Einfluss auf die Zufriedenheit und den nachhaltigen Lernerfolg der Beschäftigten.

93% der Beschäftigten, die im Austausch mit ihrer Führungskraft stehen, planen digitale Weiterbildungsangebote im Homeoffice zu nutzen.

Vermutlich sind viele unserer Abonnenten Personalverantwortliche, Betriebsräte oder Verbandsvertreter/innen, die in einem direkten oder indirekten Kontakt mit vielen Beschäftigten stehen. Deshalb hier nun unser Rat:

Tauschen Sie sich mehr mit Führungskräften über Möglichkeiten und Bedürfnisse bezüglich digitaler Weiterbildung aus. Wie in vielen anderen Studien zeigen auch die Ergebnisse unserer Befragung, dass die direkten Vorgesetzten eine wichtige Funktion in der Stärkung der betrieblichen Weiterbildung haben. Unterstützen Sie sie daher in ihrer Rolle als Lernberater/Lernbegleiter. Wenn Sie zu den Mitarbeitenden im Homeoffice Kontakt halten, kann ein maßgeblicher Beitrag dazu geleistet werden, dass verstärkt digitale Weiterbildungsangebote genutzt werden.

Auch in der Zukunft wird die digitale Weiterbildung eine große Rolle spielen!

Wir stellen fest, dass digitale Weiterbildungsangebote nicht nur eine Übergangslösung während der derzeitigen Corona-Krise sind: 60% der Befragten geben an, die Onlineversion von Weiterbildungsangeboten nutzen zu wollen, selbst wenn die Möglichkeit von Präsenzangeboten wieder gegeben ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 40 % analoge Formate bevorzugen.

Wir haben uns außerdem gefragt, ob und welche Rolle Betriebsvereinbarungen zu dem Thema mobiles Arbeiten im Homeoffice spielen. 72% der Befragten, deren Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung zum Thema Qualifizierung geschlossen haben, planen auch digitale Weiterbildungsangebote im Homeoffice zu nutzen. Es scheint also in Unternehmen mit einer entsprechenden Betriebsvereinbarung einen größeren Antrieb zu geben, über bestehende Angebote zu informieren.

Wir ziehen ein Fazit:
  1. In dem meisten Fällen sind die Hardware und die entsprechende Internetverbindung vorhanden. Der Weiterbildung im Homeoffice stehen in der Regel keine technischen Hürden im Weg.
  2. Bisher gibt es unter den Beschäftigten noch wenig umfassendes Wissen über die Möglichkeiten und Passungen von digitalen Weiterbildungen.
  3. Insbesondere Lern-Apps, Web-based- Trainings, Webinare und neue Softwares werden zukünftig vermehrt Anwendung finden.
  4. Ein ganz entscheidender Faktor für die Auseinandersetzung und Teilnahme an digitalen Weiterbildungen ist der Austausch über digitale Weiterbildung mit der Führungskraft.
  5. Der Trend geht dahin, dass auch in der Zukunft immer mehr digitale Weiterbildungsangebote genutzt werden.

Wenn auch Sie sich an unserer Befragung beteiligt haben, danken wir Ihnen recht herzlich für Ihren Beitrag!


Im Interview

Wir haben uns mit Frau Dr. Hofmann, Leiterin des Teams Zusammenarbeit und Führung am Fraunhofer IAO in Stuttgart, und Prof. Dr. Florian Kunze, Inhaber des Lehrstuhls für Organisational Studies an der Universität Konstanz, über die Ergebnisse der Umfrage der AgenturQ zur digitalen Weiterbildung im Homeoffice ausgetauscht. Beide beschäftigen sich schon länger mit dem Thema Arbeiten im Homeoffice und haben jüngst eigene Studien zum Thema durchgeführt. Das Gespräch wurde am 17.Juni per Zoom geführt, ein Mitschnitt steht online zur Verfügung. Die folgenden Fragen und Antworten sind eine Zusammenfassung des ausführlichen Gesprächs.

AQ: Liebe Frau Hofmann, lieber Herr Kunze, die AgenturQ hat in Kooperation mit der Universität Konstanz eine Umfrage zur digitalen Weiterbildung im Homeoffice durchgeführt. Welche Ergebnisse waren für Sie interessant?

Hofmann: Für mich war doch überraschend, wie viele Personen digitale Weiterbildungen wahrgenommen haben. Das spricht vielleicht für das Bildungsbewusstsein der Teilnehmer. Aber es hat sicherlich auch etwas damit zu tun, dass sie derzeit ausschließlich im Homeoffice sind und gute Möglichkeiten haben, die digitale Weiterbildung in der Arbeitspause zu machen. Und vielleicht ist so eine Weiterbildungseinheit auch eine gute Abwechslung zum täglichen einsamen Arbeiten zu Hause. Man kann vielleicht in eine andere Welt eintauchen.

Kunze: Es ist sehr erfreulich, dass zwei Drittel der Befragten aussagen, dass sie die Möglichkeit haben, digitale Weiterbildung wahrzunehmen und dies zu einem großen Teil auch schon gemacht haben. Ich möchte aber an dieser Stelle auch auf eine starke Ungleichheitsdimension hinweisen. Nicht jeder hat die Möglichkeit, ins Homeoffice zu gehen. Das hängt von den Qualifikations- und auch Einkommensniveaus ab. Repräsentative Studien zeigen, dass 60 Prozent der Beschäftigten nicht im Homeoffice waren. Und nicht jeder hat die Muse, sich im Homeoffice auch noch weiterzubilden.

AQ: Frau Hofmann, welche Möglichkeiten haben Unternehmen, Mitarbeitende im Homeoffice abzuholen und digitale Weiterbildung anzubieten?

Hofmann: Wenn man kein größeres Unternehmen mit einem eigenen Weiterbildungsangebot ist, sollte man eine Liste machen und offensiv bewerben, was man eigentlich im Unternehmen schon jetzt alles an Angeboten hat, die man online durcharbeiten kann, um potentielle Leerzeiten sinnvoll auszufüllen. Es hängt schlicht an der Zugänglichkeit und an der Information, was alles verfügbar ist. Dann braucht es natürlich eine Qualitäts- und Relevanzbewertung der Angebote, wie soll sonst ein einzelner Arbeitnehmer über die Angebote entscheiden? Die digitalen Weiterbildungsangebote müssen vorausgesucht und vielleicht empfohlen werden. Denn wenn das Angebot nicht von der Führungskraft oder dem Personalentwickler an mich herangetragen wird, stelle ich es mir schwierig vor, abends um halb sieben noch selbst das passende Angebot herauszufinden. Und dann muss natürlich geklärt werden, ob die digitale Weiterbildung im Homeoffice Arbeitszeit ist oder nicht, ob ich sie genehmigen lassen muss. Und natürlich auch die Frage, wer für das Angebot bezahlt. Es fängt dann an, sehr kompliziert zu werden. Da braucht es definierte Prozesse.  

AQ: Welche Rolle spielen die Führungskräfte? Können sie digitale Weiterbildung im Homeoffice unterstützen? 

Kunze: Das ist in der Tat so. Neben der Tatsache, dass Weiterbildungsangebote vorhanden sein müssen und diese auch kommuniziert werden, liegt es an der Führungskraft, dass gemeinsam mit den Mitarbeitenden Weiterbildungsziele und auch Weiterbildungsinhalte definiert werden. Da sind die Führungskräfte in der Pflicht. Das spielt natürlich jetzt eine noch viel größere Rolle. Aber momentan gibt es auch die Herausforderung, in dieser Ausnahmesituation gute Führung zu praktizieren. Wenn man Fulltime ins Homeoffice kommt, müssen die Führungskräfte auch erstmal den Laden am Laufen halten. Es muss geklärt werden, wie man über die zentralen operativen Dinge kommuniziert und wie man das Team zusammenbringt. In dieser Situation sich über die Weiterbildungsmotivation Gedanken zu machen, ist schwierig und eine große Herausforderung. Aber in der Tat ist es so, dass Mitarbeitende erwarten, dass auf ihre individuellen Bedürfnisse eingegangen wird.

Wenn man jetzt über eine Verstetigung des Homeoffice nachdenkt, dann muss man ganz stark die Führung mitdenken und die Führungskräfteentwicklung auch in diese Richtung steuern. Es müssen Kompetenzen aufgebaut werden, wie ich denn remote führe, wie ich aus der Distanz führe. Da geht es darum, dass man die richtigen Tools an die Hand bekommt.

Hofmann: Ich kann meinem Vorredner da nur Recht geben. Führung aus der Distanz ist ein Riesenthema. Bei der über Nacht veränderten Führungssituation noch auf Lernthemen einzugehen, kann man nicht erwarten. Gleichwohl haben Führungskräfte eine zentrale Funktion. Die These einer früheren Studie mit Südwestmetall war, dass die wichtigste Lernumgebung eines Arbeitnehmers die Führungskraft ist. Wenn es gut läuft, hat sie den Blick darauf, wo der Einzelne steht, was er braucht, wo er sich hin entwickeln muss. Die Personalentwicklung ist zu weit weg vom einzelnen Arbeitnehmer. Das Problem ist nur, dass Führungskräfte so gut wie keine Zeit haben und die Weiterbildung in der Bewertung ihrer Führungsleistung keine Rolle spielt.

AQ: Herr Kunze, wie verändert sich die berufliche Weiterbildung in Zukunft? Ist Corona ein Transformationsbeschleuniger hin zu mehr digitaler Weiterbildung? Lernen wir zukünftig verstärkt in virtuellen Welten?

Kunze: Prognosen sind nicht einfach. Aber die Frage treibt natürlich alle Akteure auf dem Weiterbildungsmarkt um. Das sieht man auch jetzt schon. Es gibt neue Konzepte und Versuche, den Content anders anzubieten und die Inhalte zu digitalisieren. Das wird auch bis zu einem gewissen Maße klappen, ist aber gleichzeitig nicht ganz einfach. Es gibt zum Beispiel Webinare, durch die ich mich durchklicke, um mir einen Inhalt beizubringen. Aber es gibt auch eine starke soziale Komponente beim Lernen. Wenn es beispielsweise darum geht, Führungskompetenz zu erlernen, bringt es mir relativ wenig, mich durch ein Webinar zu klicken. Da muss ich auch üben, praktizieren, mich austauschen und interagieren. Und da die richtige Form hinzubekommen und diese digital und webbasiert zu machen und effizient zu gestalten, ist die große Herausforderung für Weiterbildungsanbieter. Dass gerade diese komplexen Weiterbildungsformen gut funktionieren und vollständig digitalisiert werden, ist sicherlich noch ein Schritt. Da wird es auch immer noch die Präsenzweiterbildung geben, zumindest als eine Komponente. Andererseits glaube ich schon, dass die Corona-Krise und dieser Digitalisierungsschub, den wir in vielen Bereichen haben, sich auf den Weiterbildungsmarkt auswirken und dort eine Transformation auslösen werden.

AQ: Was können wir Unternehmen hinsichtlich der Umsetzung von digitaler Weiterbildung im Homeoffice raten? Was müssen die Unternehmen aus Ihrer Sicht beachten?

Hofmann: Die Unternehmen sollten mit den Beschäftigten ins Gespräch kommen und sich nach den ersten Erfahrungen über das Erlebte austauschen.Sie müssen nachfragen, was die Beschäftigten konkret gelernt haben und in Erfahrung bringen, was es an digitalen Grundkompetenzen braucht. Sie müssen jetzt den Schwung mitnehmen, um auch über kleinere digitale Weiterbildungsformate nachzudenken.

Kunze: Zunächst muss man festhalten, dass viele Unternehmen gelernt haben, dass viel mehr im Homeoffice geht, als sie eigentlich gedacht haben. Der Rat ist, dass man auch mal etwas ausprobieren muss. Man muss die Erfahrung dann aber auch im persönlichen Kontext evaluieren und sich die Frage stellen, wie die digitale Weiterbildung im Homeoffice funktioniert hat. Wichtig ist es auch, die Führungskräfte in den Blick zu nehmen. Sie sind dafür verantwortlich, eine entsprechende Weiterbildungskultur zu etablieren. Und natürlich müssen zunächst die strukturellen Voraussetzungen für das Arbeiten im Homeoffice geschaffen werden.

AQ: Liebe Frau Hofmann, lieber Her Kunze, herzlichen Dank für das Gespräch.


Wissenswertes und Interessantes

Veränderte Förderbedingungen für berufliche Weiterbildung

Am 28. Mai ist das Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung in Kraft getreten. Welche Anpassungen mit Blick auf die Weiterbildung wichtig sind, stellen wir Ihnen hier kurz vor.

Änderungen im Qualifizierungschancengesetz

Beim sogenannten Qualifizierungschancengesetz (§82 SGB III) wurde die Mindestdauer der Weiterbildungsmaßnahmen von 161 auf 121 Stunden gesenkt.
Alle weiteren Voraussetzungen für eine Förderung der Weiterbildung bleiben zunächst unverändert. Zum 01. Oktober 2020 treten allerdings weitere Änderungen in Kraft. Mehr Informationen erhalten Sie hierzu in unserem nächsten Newsletter oder gleich in unserem Blog. Dort finden Sie auch unsere Stellungnahme zu den Anpassungen.

Die aktuellen Förderbedingungen des Qualifizierungschancengesetzes gestalten sich wie folgt:

Weitere Änderungen im Bereich Weiterbildung

Sind Mitarbeiter/innen in Kurzarbeit und nehmen in dieser Zeit an einer Weiterbildung teil, die nach dem sogenannten Qualifizierungschancengesetz gefördert wird, werden dem Arbeitgeber auf Antrag 50 Prozent der von ihm allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung erstattet. Das ist allerdings nur möglich, wenn die Weiterbildung mindestens die Hälfte der Ausfallzeit umfasst. Da die Mindestdauer förderfähiger Maßnahmen 121 Stunden beträgt, muss die Ausfallzeit mindestens 242 Stunden (2×121 Stunden) umfassen. Bei einer 35-Stunden-Woche sind das etwa sieben Wochen.

Schließlich können Arbeitnehmer/innen mit Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld (§ 111a, SGB III) unter bestimmten Bedingungen durch die Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden. Welche Bedingungen das sind, können Sie in unserem Blog nachlesen.


Betrieb von Bildungseinrichtungen wieder erlaubt

Über Wochen waren aufgrund der COVID-19 Pandemie Bildungseinrichtungen aller Art in Baden-Württemberg geschlossen. Seit dem 15. Mai dürfen berufliche Bildungseinrichtungen im Land wieder öffnen. Die Corona Verordnung Berufsbildung regelt die Voraussetzungen.

Räume:

  1. Der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Teilnehmenden muss eingehalten werden – auch in Pausen und beim Mittagsessen.
    Ist der Abstand gewährleistet, ist das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht verpflichtend.
  2. Bei praktischen Unterweisungen – z. B. in Werkstätten – sind geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen.
  3. Alle Räume müssen mehrmals täglich gelüftet werden.

Hygiene:

  1. Alle Räume müssen täglich gereinigt werden.
  2. Es muss genügend Gelegenheiten und Ausstattung (Seife, Einmalhandtücher) zum Händewaschen geben. Alternativ ist Handdesinfektionsmittel bereitzustellen.
  3. Handkontaktflächen“ müssen – möglichst mehrmals täglich – desinfiziert werden.
  4. Ebenso müssen Flächen (Tische, Tastaturen, …) regelmäßig desinfiziert werden.
  5. Wenn noch nicht vorhanden, muss ein Hygieneplan erstellt werden.

Sonstiges:

  1. Namen und Adressen/Telefonnummern der Teilnehmenden müssen bekannt sein.
  2. Verwendete Werkzeuge und Kleidung sollen möglichst nur von einer Person genutzt werden. Die Gegenstände müssen sonst vor Übergabe gereinigt werden. Schutzhandschuhe sollen verwendet werden.
  3. Es muss für jedes Angebot eine verantwortliche Person benannt werden, die die Einhaltung der beschriebenen Regeln sicherstellt.

Für Übernachtungen gelten die entsprechenden Regelungen der Corona-Verordnung. (§ 4 Absatz 5).

Weitere Details finden Sie in den Hygienehinweisen des Kultusministeriums (gemäß §7 Absatz 3 der CoronaVO Berufsbildung für den Unterrichtsbetrieb in Weiterbildungsstätten gültig).


Factsheet Informelles Lernen

„Lernen“ – wenn wir das hören, denken wir oft an die Schule. Das ist nicht für jeden schön. Dabei lernen wir heute alle – jeden Tag. Oft „nebenbei“ und ganz anders als in der Schule. Das ist dann informelles Lernen.

Was ist informelles Lernen?

Informelles Lernen steht formalem Lernen (Schule, Universität usw.) und non-formalem Lernen (Seminare, Webinare,…) gegenüber. Es findet in Situationen statt, die nicht für das Lernen organisiert sind. Es gibt weder Lehrende, noch sind Inhalte und Lernziele festgelegt. Beispiele sind der Besuch eines Vortrags oder einer Konferenz, das Lesen von Büchern oder die Online-Recherche. Studien zeigen, dass sich 43 (AES 2016, S. 187) bis über 60 Prozent (IAB/NEPS 2017, S. 17) der Erwachsenen so weiterbilden.
Auch in unserer Studie zum Lernen im Homeoffice sind vier der fünf meist genutzten Weiterbildungsmöglichkeiten informell: Der Austausch mit anderen, Googlen, das Anschauen von Erklärvideos und das Ausprobieren neuer Tools. Gerade in diesen Fällen bleibt das Lernen oft unbemerkt. Man nimmt es sich nicht vor, es passiert einfach. Das 70:20:10-Modell behauptet gar, dass bis zu 90 Prozent unseres Lernens informell stattfindet (70 Prozent Learning-by-Doing, 20% Austausch mit anderen).

Welchen Nutzen hat informelles Lernen für uns?

Informelles Lernen ist eine ganz natürliche Art des Lernens – frei von Zwängen und Verpflichtungsgefühlen. Aus der Psychologie wissen wir: Solches Lernen ist sehr wirksam, denn die Lernenden nehmen viel daraus mit. Im Zeitalter der Digitalisierung sind die Möglichkeiten dafür regelrecht explodiert – das Wissen der Welt ist stets nur einen Klick entfernt. Informelles Lernen birgt großes Potenzial für ein Unternehmen. Erst recht, wenn es gezielt gefördert wird.

Wie können wir informelles Lernen anwenden?

Obwohl informelles Lernen sehr beiläufig im Arbeitsalltag geschieht, können Sie viel dafür tun, es im Unternehmen voranzubringen:

Lernquellen auffindbar machen

Die Studie „How the Worforce Learns“ zeigt uns: Mitarbeitende wissen, was Sie lernen wollen und müssen, aber nicht wo sie passende Materialien finden. Angesichts der Vielfalt an (digitalen) Lernmöglichkeiten ist das nicht verwunderlich.

Das macht eine Aufgabe für Personalabteilungen und Betriebsräte klar: Stellen Sie Materialien zusammen und bieten Sie Übersichten zu Lernmöglichkeiten innerhalb und außerhalb des Unternehmens an. Das nennt sich „Content Curation“ (deutsch: Zusammenstellen (Kuratieren) von Inhalten) und ist auf der Höhe der Zeit. So stellen Sie auch eine gute Qualität der Lerninhalte sicher.

Raum für Austausch bieten

Wie wir wissen, findet informelles Lernen auch im Austausch mit anderen statt. Schaffen Sie dafür gezielt Möglichkeiten – online und offline. Bieten Sie beispielsweise im Intranet die Option zum Wissensaustausch an (Lern-Communities, Forum, Chat). Wenn Sie Software wie Microsoft Teams, Skype oder Slack nutzen, denken Sie doch mal darüber nach, wie solche Arbeitstools auch als Lerntools genutzt werden können (s. dazu auch unseren Beitrag weiter unten)

In der „echten Welt“ können Sie kleine Ecken in Büros einrichten, in denen vielleicht ein paar Materialien bereitstehen und die die Kreativität fördern. In Form von Lerninseln funktioniert das auch in der Produktion. Schon haben Sie Raum für einen informellen Austausch geschaffen – jenseits von Besprechungsräumen, die gebucht werden müssen.

Aufgaben lernförderlich gestalten

Durch die Digitalisierung sparen wir Zeit und können den Anteil von (administrativer) Routinearbeit verringern. Nutzen Sie freiwerdenden Kapazitäten: Vergeben Sie Aufgaben mit höherem Anspruch, sodass Beschäftigte im Rahmen ihrer täglichen Arbeit zum Lernen angeregt werden.

Führen Sie Lernzeiten ein. Dürfen Beschäftigte zukünftig fünf Prozent Ihrer Arbeitszeit für das Lernen verwenden – oder eine Stunde pro Woche? Welche Lösung für Sie auch passt – Sie zeigen damit: Lernen ist bei uns erwünscht. Die Mitarbeitenden wachsen daran und das Unternehmen profitiert von mehr Ideen und Verbesserungen.

Machen Sie es zur Chefsache

Egal, wie gut Ihre Angebote sind, wenn der Kollege komisch schaut oder die Chefin einen kritischen Kommentar abgibt, wird informelles Lernen regelrecht abgewürgt.

Es muss in der ganzen Organisation klar werden: Wer lernt, wer Wissen teilt, der ist kein Narr, sondern Vorbild. Auch dann, wenn er oder sie auf YouTube ein Video schaut oder mit einer neuen Methode experimentiert.

Sie sehen also: Es geht nicht darum, informelles Lernen mit einem administrativen Korsett zu formalisieren. Es geht darum Möglichkeiten und Räume dafür zu schaffen, zu zeigen, was „Lernen“ alles sein kann und dazu einzuladen.

Wo liegen Risiken?

Ein Risiko ist es, dass Beschäftigte unseriöse, vielleicht falsche, Quellen für ihr Lernen nutzen. Das wird aber eher selten der Fall sein. Für die digitale Lernwelt können Sie zusätzlich unterstützen, indem Sie die Digitalkompetenzen Ihrer Beschäftigten erfassen und weiterentwickeln.

Weitere Risiken liegen viel mehr darin, informelles Lernen zu unterdrücken (wenig lernförderliche Einstellung der Beschäftigten, übermäßig hohes Arbeitspensum) oder es in formale Strukturen zu pressen und zur Pflicht zu machen.

Informelles Lernen fördert eine Kultur von Austausch, Inspiration und Innovation. Obwohl es nicht viel braucht, um es zu fördern, bleibt es im betrieblichen Alltag leider nach wie vor wenig beachtet. Zeit, das zu ändern!


Praxistipp:

Mit dem richtigen Rezept zur Digitalen Weiterbildung

Kennen Sie schon die Seiten von Gemeinsam digital, das Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Berlin? „Gemeinsam digital“ stellt hilfreiche Materialien zur Verfügung, die Unterstützung zu Themen im Kontext Digitalisierung bieten. In Zeiten von Corona finden Sie neue Rezepte und Checklisten, um erfolgreiches Arbeiten im Homeoffice und digitale Weiterbildung zu ermöglichen.

So werden im Rezept die Zutaten aufgeführt und eine Anleitung beschrieben, um digitale Weiterbildung schmackhaft zu machen. Hilfreich sind auch die Checklisten, mit denen sie reflektieren können, ob sie bereits Angebote digitaler Weiterbildung nutzen oder was es braucht um auf mobiles Arbeiten umzustellen.


„Arbeitstools als Lerntools nutzen“ – Wie Youtube, Google, etc. mal eben nebenher als Weiterbildung dienen können

Womit und wann lerne ich? Jane Heart stellte bereits vor Corona im Jahr 2019 ein Ranking der „Top 200 Tools for Learning“ zusammen. Auf den ersten Blick überraschend: In den Top10 befindet sich keine der klassischen Lernplattformen und -anbieter. Doch ist das tatsächlich so überraschend? Seien wir mal ehrlich: Mal eben schnell einen Sachverhalt auf Wikipedia recherchiert oder in einem YouTube Video nach einem Tutorial gesucht, hat vermutlich schon jeder von uns. Wir nehmen es bloß nicht mehr wahr, dass wir bei einer kleinen Frage wie selbstverständlich schnell Google um Rat fragen. All das ist doch schon lernen. Es sind bloß kleinere Portionen, im Vergleich zu einer mehrtägigen Fortbildung oder einem gezielten E-Learning. Es ist also nicht so verwunderlich, dass Youtube, Google, PowerPoint Präsentationen oder Twitter als stark frequentierte Wissensquellen und Lernmöglichkeit ganz oben stehen.  

Bei der L&D Pro Online-Konferenz vom 15. bis zum 18. Juni 2020 beantwortete Simon Dückert von der Cogneon GmbH in seiner Keynote die Frage, ob man Arbeitstools als Lerntools nutzen sollte, mit einem klaren JA. Wissen ist dank der Vernetzung und Digitalisierung an unterschiedlichen Orten zu finden und Arbeit und Lernen verschmelzen zunehmend miteinander.

Nutzen Sie also Ihre vorhandenen Arbeitstools als Lerntools. Sammeln Sie Ideen. Bauen Sie ein gemeinsames Wiki auf, um Wissen in der Organisation und im Team zu verteilen. Erstellen Sie eine Liste von YouTube Videos, in denen auch für Ihre Kolleginnen und Kollegen spannendes Know-How stecken kann. Nutzen Sie Dropbox, OneDrive oder andere ähnliche Lösungen, um Dokumente, Präsentationen, Listen etc. miteinander auszutauschen. Analog geht das natürlich auch über den gemeinsamen Know-How-Aktenordner.

Vielleicht verändert sich dadurch die Lernkultur bei Ihnen. Auf jeden Fall generieren Sie aber ganz einfach und unkompliziert aus Vorhandenem neue Lernmöglichkeiten. Sie stärken das Bewusstsein für das Lernen, indem Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen reflektieren, was von den kleinen Google-Recherchen auch für andere spannend und wichtig sein könnte.


Blogbeiträge:

Informelle und non-formale Kompetenzen erkennen und sichtbar machen (von Patrick M. Fleck, 23. Juni 2020)

Mediale Kommunikationskompetenz – eine Schlüsselqualifikation in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung (von Dr. Josephine Hofmann, Fraunhofer IAO, 15. Juni 2020)

Änderungen des Qualifizierungschancengesetzes (von Dr. Stefan Baron, 2.Juni 2020)

Führung 4.0 – wesentliche Grundlage für eine Weiterbildungs- und Lernkultur in Industrieunternehmen (von Dr. Katharina Mattes, Unternehmensberatung mm1, 11. Mai 2020)

Zehn Anregungen für berufliche Weiterbildung in Kurzarbeit (von Dr. Stefan Baron, 30. April 2020)

Lernen im Homeoffice – Zehn Erfolgsfaktoren (von Dr. Stefan Baron, 21. April 2020)

Herzlichen Glückwunsch – Sie haben gewonnen (von Edda M. Glase, 31. März 2020)