Die Zukunft
beginnt mit
Qualifizieren
Inhaltsverzeichnis
Wissenswertes und Interessantes
Für Sie gelesen – dabei gewesen
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Hiobs-Botschaften hören nicht auf: Der Ukraine-Krieg tobt, die Inflation galoppiert, das Gas wird knapp, die Lieferketten sind unterbrochen und die Zahl der Coronafälle steigt wieder. Und dann gibt es noch die bestehenden Herausforderungen: Digitalisierung, Decarbonisierung & Demografie (DDD). Pessimismus hilft uns aber nicht weiter, wir müssen vielmehr nach vorne schauen. Denn irgendwann geht es wieder bergauf.
Doch wir dürfen die Zukunft nicht verschlafen. Kilian Hampel berichtet in diesem Newsletter erste Ergebnisse der gemeinsamen Umfrage der AgenturQ und des Future of Work Lab der Universität Konstanz, demnach nur 21 % der Befragten der Aussage zustimmten, dass sich in ihrem Unternehmen intensiv darüber Gedanken gemacht wird, welche digitalen Kompetenzen die Mitarbeitenden in den nächsten 5 Jahren benötigen. Doch gerade diese Information ist wichtig, um für die Zukunft berufliche Übergangspfade in der Automobil- und Zulieferindustrie zu gestalten. Hierüber haben wir uns mit Irene Steinhilb und André Schleiter für diesen Newsletter unterhalten. Die Gestaltung der beruflichen Weiterbildung ist auch eine der Hauptaufgaben der Betriebsratsarbeit. Wir zeigen in diesem Newsletter nochmal auf, mit welchen Angeboten wir hierbei unterstützen können. Und zu guter Letzt bietet die Lektüre des Newsletters wieder Neuigkeiten aus unserer Arbeit und Wissenswertes, welches wir sehr gerne mit Ihnen teilen möchten.
Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre und einen schönen Sommer.
Ihr
Neues aus der AgenturQ
Ein Abschied und ein Herzlich Willkommen
Zum 31. Mai hat Herr Matthias Binder, bislang Referent für Weiterbildungsentwicklung und -beratung nach über vier Jahren der Tätigkeit die AgenturQ verlassen, um sich neuen beruflichen Herausforderungen zu stellen. Wir bedanken uns bei ihm ganz herzlich für die geleistete Arbeit. Er hat die Arbeit der AgenturQ ganz maßgeblich mitgeprägt und zeichnete unter anderem für das Ideenportal Qualifizierung oder das neue Online-Tool www.qualiprofil.de verantwortlich. Viele Unternehmen konnten von seinem Beratungsangebot profitieren.
Als seine Nachfolgerin hat Frau Sophie Jachalke zum 1. Juni ihre Tätigkeit als neue Referentin für Weiterbildung aufgenommen. Frau Jachalke hat an der Universität Magdeburg einen Bachelor im Fach Bildungswissenschaft mit den Schwerpunkten Erwachsenen- und Weiterbildung erworben und im Anschluss ihr Masterstudium der Erwachsenenbildung/Weiterbildung an der Universität Tübingen absolviert. Sie erreichen Frau Jachalke per Mail an . Sehr gerne können Sie sie bei einem Beratungsbedarf zu Themen der beruflichen Weiterbildung ansprechen. Für Mitgliedsunternehmen von Südwestmetall sind die Beratungskosten im Mitgliedsbeitrag inbegriffen.
Herausforderung: Nutzung von Lernfabriken 4.0 auch für die betriebliche Weiterbildung
Auf Initiative der AgenturQ widmet sich die Allianz für Industrie 4.0 der Frage, wie das Angebot der Lernfabriken 4.0 an den Beruflichen Schulen zukünftig auch stärker von Unternehmen für die betriebliche Weiterbildung ihrer Beschäftigten genutzt werden kann. Bislang werden Lernfabriken 4.0 vornehmlich in der dualen Ausbildung oder von Teilnehmer:innen an Technikerschulen genutzt. In der betrieblichen Weiterbildung werden sie eher selten eingesetzt. Die Idee ist nun, durch ein modulares und offen formuliertes Weiterbildungskonzept die Grundlage dafür zu legen, dass auch Beschäftigte mit sich verändernden Tätigkeiten durch die Nutzung der Lernfabriken 4.0 Kompetenzen im Bereich Industrie 4.0 aufbauen können. So könnten mehr Menschen von einer vorhandenen Infrastruktur profitieren. Am 28. Juni hat sich hierzu die Projektgruppe „Lernfabriken 4.0 für die betriebliche Weiterbildung nutzbar machen“ konstituiert, die bis Ende des Jahres Handlungsempfehlungen und Beispiele guter Praxis zur Nutzung der Lernfabriken 4.0 für die betriebliche Weiterbildung von Beschäftigten erarbeiten wird. Es gilt das Potential der Lernfabriken in den Beruflichen Schulen auch für Unternehmen nutzbar zu machen. Falls Sie Interesse an einer Mitarbeit in der Projektgruppe haben, können Sie sich per Mail an wenden. Wir werden über die Ergebnisse der Projektgruppe informieren.
Webinar „Mein Team, meine Führungskraft und ich“
Haben Sie an unserem Webinar „Mein Team, meine Führungskraft und ich. Der Einfluss unseres Umfelds auf unseren digitalen Kompetenzerwerb. Ergebnisse aus drei Studien“ teilgenommen?
Seit über zwei Jahren verschreiben wir uns in unserem Projekt DigiREADY dem Thema Digitalisierung am Arbeitsplatz. Dabei fragen wir uns, wie stark ist die digitale Grundkompetenz in den Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie ausgeprägt ist. Wir gehen auch der Frage nach, wie die digitale Grundkompetenz im Arbeitsalltag aktiv gefördert werden kann.
Antworten haben wir gefunden.
Unser Ansatz ist dabei, die praxisrelevanten Fragen mit Hilfe von wissenschaftlichen Ansätzen zu beantworten. Herausgefunden haben wir, dass der Erwerb der digitalen Grundkompetenz maßgeblich davon anhängig ist, welcher Weiterbildungstyp Sie sind. Wir unterscheiden dabei zwischen dem Teamplayer, dem gewissenhaften Typ, dem Einzelkämpfer, dem aktiven Typ und dem innovativen Typ. Wir haben außerdem herausgefunden, dass die Interaktion mit Ihrer Führungskraft einen großen Einfluss darauf hat, ob Sie passende Weiterbildungen finden. Dabei hat der ermächtigende Führungsstil, bei dem die Führungskraft eine Coachingrolle einnimmt, einen besonders positiven Einfluss. Neben der Führungskraft spielt der Austausch mit Ihrem (Arbeits-)Team eine große Rolle. Insbesondere die passende Zusammensetzung von Kolleginnen und Kollegen ist wichtig. Dabei gilt: Gleich und Gleich können besser zusammenarbeiten, wenn es um Routinetätigkeiten geht. Dies gilt aber nicht, wenn es um kreative Schaffungsprozesse geht.
Welcher Weiterbildungstyp sind Sie eigentlich? Wie würden Sie den Austausch mit Ihrer Führungskraft beschreiben und wie gut arbeiten Sie mit Ihrem (Arbeits-)Team zusammen? Antworten finden Sie in unserem DigiREADY.
Sie wollen tiefer in die Thematik einsteigen? Dann haben Sie außerdem die Gelegenheit, sich auf unserer Homepage umzuschauen. Dort finden Sie die Präsentation und unser Youtube-Video zu unserem Webinar. Viel Spaß!
Übrigens, wir sind noch nicht fertig.
Unser DigiREADY Tool wird in zwei praxisfreundliche Onlinetools umgewandelt. Wir befinden uns zwar noch in der Entwicklungsphase, dennoch finden Sie schon bald das DigiREADY Tool und den DigiREADY Check auf unserer Homepage. Bis es so weit ist, finden Sie hier unseren DigiREADY im Excelformat.
Der DigiREADY-Check für Unternehmen: Erste Ergebnisse aus unserer Umfrage
Die Digitalisierung beschäftigt uns alle im hohen Maße. Besonders die Weiterbildung in den Betrieben muss neu gedacht werden, damit alle Mitarbeitenden im Unternehmen für kommende Aufgaben in der Digitalisierung vorbereitet sind. Um mehr darüber zu erfahren, wie sich die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet fühlen, haben wir gemeinsam mit dem Future of Work Lab der Universität Konstanz, mit der wir das DigiREADY-Projekt durchführen, eine Umfrage erstellt, die sich primär an Personalverantwortliche und Betriebsräte richtete. Insgesamt haben wir die Einschätzungen von 156 Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg sammeln können. Im Folgenden stellen wir erste wichtige Ergebnisse der Umfrage vor.
Wie vorbereitet fühlen sich die Unternehmen auf die Digitalisierung?
Ein erster Blick auf die Ergebnisse unserer Umfrage macht schnell deutlich, dass bei vielen Unternehmen Handlungsbedarf besteht: Während nur 31% der Befragten angibt, dass es in ihrem Unternehmen eine Digitalisierungsstrategie mit klaren gemeinsamen definierten Leitlinien und Zielen gibt, ist dies bei 69% nicht der Fall. Interessant ist auch, dass diese Ergebnisse bei Differenzierung der Antworten in Betriebsräte und Personalverantwortliche nahezu gleichbleiben und folglich keine Verzerrung je nach Perspektive im Unternehmen vorliegt.
Des Weiteren wird deutlich, dass sich viele Unternehmen scheinbar nicht im Klaren darüber sind, wie das zukünftige Kompetenzprofil ihrer Mitarbeitenden aussehen sollte. Nur knapp ein Fünftel aller Befragten gab an, dass sich in ihrem Unternehmen intensiv darüber Gedanken gemacht wird, welche digitalen Kompetenzen die Mitarbeitenden in den nächsten 5 Jahren benötigen. Fast jede:r zweite Teilnehmende stimmt der Aussage nicht zu, ein Drittel war unentschlossen. Hier verweisen wir gerne auf unsere Future Skills Studie, welche sich mit den für die Zukunft generell benötigten Kompetenzen beschäftigt.
Darüber hinaus geben nur 22% der Unternehmen an, den Eindruck zu besitzen, gut auf die kommenden Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet zu sein. 41% stimmen hier nicht zu, weitere 37% antworteten mit „teils, teils“. Diese Ergebnisse sind durchaus alarmierend und als Weckruf für viele Unternehmen zu verstehen.
Weiterbildung im Homeoffice nur selten in Betriebsvereinbarungen zu finden
Ein weiteres wichtiges Thema, welches wir in unserer Umfrage abgefragt haben, war mobiles Arbeiten und Homeoffice. Hier wirkte die Corona-Pandemie bei vielen Unternehmen als Booster: Mehr als 60 Prozent der Unternehmen gaben an, eine Betriebsvereinbarung zum Thema mobiles Arbeiten und Homeoffice umgesetzt zu haben. Nun aber die Kehrseite: Bei nur 15% der Unternehmen umfasst diese Betriebsvereinbarung auch Regelungen zur Weiterbildung im Homeoffice. Besonders im Hinblick darauf, dass Homeoffice auch in Zukunft bei vielen Unternehmen ein Thema sein wird, sehen wir Weiterbildung als Kernbestandteil von Betriebsvereinbarungen an.
Ausblick
Diese ersten Ergebnisse sind nur ein kurzer Auszug aus den in der Umfrage gesammelten Erkenntnissen. Auf unseren Social-Media-Kanälen werden wir zeitnah mehr Informationen zu den verschiedenen Themenpunkten zur Verfügung stellen. An dieser Stelle möchten wir uns bei den zahlreichen Unternehmensverantwortlichen für die Teilnahme und Unterstützung bedanken. Falls Sie sich für einen individuellen Ergebnisbericht mit Benchmark der teilnehmenden Unternehmen eingetragen haben, senden wir Ihnen diesen bis zur Sommerpause zu.
Im Interview
Interview zum Thema Berufliche Übergangspfade in der Automobil- und Zuliefererindustrie in Baden-Württemberg
Um den Veränderungen in der Automobil- und Zuliefererindustrie bedingt durch die Transformation gerecht zu werden, können berufliche Übergangspfade die Lösung sein. Beschäftigte wegfallender Berufe und Tätigkeiten könnten durch die Gestaltung beruflicher Übergangspfade befähigt werden, andere Tätigkeiten in Unternehmen auszuüben.
Anlässlich eines Workshops Ende Juni, ausgerichtet von der Bertelsmann Stiftung, dem Forschungsinstitut WifOR sowie der AgenturQ, zum Thema berufliche Übergangspfade gehen wir mit André Schleiter, Project Manager Nachhaltige Soziale Marktwirtschaft bei der Bertelsmann Stiftung, und Irene Steinhilb, Bereichsleiterin bei der Agentur für Arbeit in Stuttgart ins Gespräch, um mehr über die dazu angefertigte Studie und eine mögliche Umsetzung in der Praxis zu sprechen. Wer mehr über die Studie erfahren will, findet hier die Präsentation des WifOR anlässlich des Workshops.
AgenturQ: Der Arbeitsmarkt in der Automobil- und Zuliefererindustrie in Baden-Württemberg steht vor großen Veränderungen, die Auswirkungen auf die Arbeitsplätze der Beschäftigten haben. Herr Schleiter, um die Auswirkungen möglicherweise zu mildern, haben Sie eine Studie zur Frage angestoßen, wie Übergangspfade von einem Beruf in einen anderen gestaltet werden können. Die Studienergebnisse sind noch nicht veröffentlicht, aber können Sie uns schon etwas über die Ergebnisse verraten?
André Schleiter: Ja, sehr gerne. Wenn sich Tätigkeiten aufgrund der Elektrifizierung des Antriebsstrangs und der fortschreitenden Digitalisierung verändern oder gar entfallen, stellt dies Beschäftigte und Unternehmen gleichermaßen vor die Frage, wie sich Beschäftigungsfähigkeit erhalten lässt und durch Weiterbildung der Übergang in ein stärker gefragtes Tätigkeitsfeld gelingen kann. Die Frage, wohin von Stellenabbau bedrohte Beschäftigte sich beruflich entwickeln und hierbei ihre vorhandenen Kompetenzen gut nutzen können, war der Ausgangspunkt unserer beim Forschungsinstitut WifOR beauftragten Studie. Zunächst wurden mit der Auswertung von Online-Stellenanzeigen Kompetenzprofile für eine Auswahl von Berufen erstellt. So entstand ein aussagekräftiges Bild dessen, was Beschäftigte in diesen Berufen jeweils an Kompetenzen aufweisen müssen. Auf dieser Grundlage wurden wiederum auf Basis einer Ähnlichkeitsanalyse der Kompetenzprofile von Ausgangs- und Zielberufen mögliche Übergangspfade identifiziert, die Beschäftigte beschreiten können. Als Ergebnis kann man festhalten, dass sich mit Hilfe einer datenbasierten Vorgehensweise aufzeigen lässt, welche zusätzlichen Kompetenzen sich Beschäftigte in den analysierten Berufen aneignen müssten, damit ihnen ein Übergang in einen zukunftsträchtigen Beruf gelingen kann. Jetzt kommt es darauf an, diese Ergebnisse zu nutzen, um für betroffene Beschäftigte die berufliche Zukunft zu sichern.
AgenturQ: Das ist eine interessante Herangehensweise mit Potenzial für die Zukunft, Herr Schleiter. Wie wir wissen, ist kaum eine andere Großstadt so stark von der Transformation in der Automobil- und Zuliefererindustrie betroffen wie Stuttgart, was die Möglichkeit zu beruflichen Übergängen umso wichtiger erscheinen lässt. Uns interessiert natürlich auch der Status Quo. Frau Steinhilb, gibt es bereits Angebote zur Gestaltung von Übergangspfaden und wie werden Sie angenommen?
Irene Steinhilb: Die Agentur für Arbeit hat ihr Beratungsangebot auf die veränderte Arbeitsmarktsituation angepasst. Wir beraten, informieren und fördern Qualifizierung im Beschäftigungsverhältnis. Wichtig sind hierbei die individuelle Veränderungsbereitschaft jedes Beteiligten sowie die Akzeptanz zum lebenslangen Lernen. Als Agentur für Arbeit sind wir in Absprachen mit Netzwerkpartnern, wozu unter anderem Weiterbildungsträger zählen, für die Bereitstellung flexibler und individueller Angebote zuständig. Wir erkennen in vielen Gesprächen mit Zulieferern, dass die Geschäftsmodelle der Zukunft nicht bekannt sind und daher auch keine Qualifizierungsbedarfe abgeleitet werden können.
AgenturQ: Hier sprechen Sie einen wichtigen Punkt an. Wenn die strategische Ausrichtung von Unternehmen nicht oder nur unzureichend bekannt ist, dann können Qualifizierungsbedarfe der Zukunft nur schwer identifiziert werden. Daraus folgt, dass diese häufig auf der Strecke bleiben. Die Studienergebnisse zeigen Zukunftsmöglichkeiten auf. Wie können die Ergebnisse der Studie umgesetzt werden?
Irene Steinhilb: Die Ergebnisse der Studie bieten sehr gute praxistaugliche Ansätze und können in der Arbeitgeberberatung sowie Arbeitnehmerberatung genutzt werden. Speziell die hohe Transparenz der Kompetenzen sind ein wichtiger Beratungsansatz in der Unterstützung der individuellen Personalentwicklung.
AgenturQ: Wo sehen Sie mögliche Chancen, aber auch Herausforderungen?
Irene Steinhilb: Unsere Chancen sind auch gleichzeitig unsere Herausforderungen. Wir müssen das Wissen zum Arbeitsmarkt und zu Berufsbildern auf allen Ebenen intern und extern teilen. Konkret bedeutet dies beispielsweise, das Potenzial von Schulabgängern bei der Gewinnung von Fachkräften in Zukunftsberufen zu nutzen, Weiterbildungsangebote auszubauen und transparent zu machen. Die aktive Mitgestaltung der Wiedereinstiegsmöglichkeiten von Frauen und Männern sowie die Gestaltung flexibler Arbeitszeitmodelle sind weitere Themen. Dazu gehört auch, die Zuwanderung intensiver zu nutzen und hier sofort mit Qualifizierung zu arbeiten sowie Teilhabechancen von Langzeitarbeitslosen durch umfangreiche Förderansätze zu begleiten.
AgenturQ: Und das ist vermutlich nur eine Auswahl an Feldern, in denen berufliche Übergangspfade immer wichtiger werden. Herr Schleiter, mit Blick auf die Ergebnisse der Studie – welche Unterstützung wünschen Sie sich von den Sozialpartnern und der AgenturQ in der Gestaltung beruflicher Übergangspfade?
André Schleiter: Lassen Sie mich, bevor ich Wünsche äußere, bei der AgenturQ zunächst für die außerordentlich gute Zusammenarbeit bedanken. Ohne das enge und vertrauensvolle Zusammenwirken von Anbeginn wäre es gar nicht möglich gewesen, diese Studie so erfolgreich durchzuführen. Herrn Baron und seinem Team ist es zu verdanken, dass wir die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsschritte intensiv mit Vertreter:innen aus der betrieblichen Praxis und aus den Organisationen der Sozialpartner, der Weiterbildungsträger und Arbeitsagenturen diskutieren und verbessern konnten. Unser Workshop am 23. Juni, bei dem wir die Übergangspfade vorgestellt haben und uns intensiv über Fragen zu ihrer praktischen Umsetzung im betrieblichen Alltag austauschen konnten, hat uns gezeigt, wie groß das Interesse an der Nutzung der Projektergebnisse ist. Nun kommt es darauf an, dass die Personalverantwortlichen und Betriebsräte vor Ort die Anregungen aufgreifen, um Übergangspfade orientiert am Bedarf der Beschäftigten und des Unternehmens anzubieten. Diesen Prozess der praktischen Umsetzung zu flankieren und hierbei den Erfahrungsaustausch zwischen den Unternehmen und Weiterbildungsanbietern zu ermöglichen, das ist eine Aufgabe, bei der ich mir ein Engagement der Sozialpartner der Metall- und Elektroindustrie und der AgenturQ gut vorstellen kann.
AgenturQ: Vielen Dank für die Einblicke und spannenden Erkenntnisse. Nun gilt es die Ergebnisse in der Praxis zu übersetzen.
Wissenswertes und Interessantes
Lernbegleitung! Lernbegleitung!
Mit dem Thema Lernbegleitung kennen wir uns aus. So sind wir zumindest an das Thema herangegangen. Lernbegleiter:innen sind Beschäftigte im Unternehmen, die das eigenverantwortliche Lernen von Arbeitnehmenden unterstützen. Es handelt sich dabei also um eine Art der betrieblichen Weiterbildung. Dabei können Lernbegleiter:innen ganz unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Sie stehen zum einen als Gesprächspartner bereit, um den individuellen Lernbedarf zu ermitteln. Auch kann man in solchen Gesprächen gemeinsam Lernziele definieren und den Weg und die Möglichkeiten bis zu dem Lernziel aussondieren. Eine weitere Unterstützungsmöglichkeit, die von dem/der Lernbegleiter:innen geboten werden kann ist, den gesamten Lernprozess gemeinsam zu reflektieren. Ähnliche Aufgaben haben die Weiterbildungsmentor:innen, die zur Zeit von der IG Metall in den Unternehmen ausgebildet werden. Die Konzepte sind durchaus vergleichbar.
Klingt doch bisher sehr vielversprechend, oder?
Grundsätzlich ist die Idee der Lernbegleitung doch grandios. Beschäftigte, die Lernprozessschritte unterstützen können, begleiten Kolleginnen und Kollegen, die sich weiterbilden wollen. Doch was in der Theorie so gut klingt, kann in der Praxis ganz anders sein. Wir haben in unserer Studie sowohl indirekte als auch direkte Beschäftigte eines Unternehmens dazu befragt. Die Studie ist Teil unseres dreijährigen DigiREADY-Projektes, indem wir regelmäßig Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie befragen. Herausgekommen ist etwas, das wir so nicht erwartet hätten! 52% aller Befragten kennen den/die zuständige:n Lernbegleiter:in aus der eigenen Arbeitsgruppe gar nicht! Von den Befragten, die ihre:n Lernbegleiter:in kennen, stimmten nur 37% (eher) zu, dass sie sich hiervon umfassend in ihrer Entwicklung unterstützt fühlen, ein hoher Anteil von 41% stimmte teilweise zu. Auf die Frage, ob die Befragungsteilnehmenden grundsätzlich selbst motiviert wären, Lernbegleiter:in zu werden, gaben 68% der Beschäftigten an, dass sie hierzu gar nicht motiviert oder eher nicht motiviert seien. Nur 15% waren eher oder voll und ganz motiviert.
Und was jetzt?
Die Ergebnisse aus unserer Umfrage sind alarmierend, aber auf keinen Fall als Abgesang auf die Lernbegleitung in Unternehmen zu interpretieren. Denn: Wir sehen in unseren Befragungsergebnissen auch, dass diejenigen Beschäftigten, die ihre Lernbegleitung kennen, mehr Weiterbildungsmöglichkeiten im Unternehmen kennen und darüber hinaus auch motivierter sind, an solchen teilzunehmen. Diese Werte sind darüber hinaus noch besser, wenn die Beschäftigten sich von der Lernbegleitung stark unterstützt fühlten. Das lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Lernbegleiter:innen auch weiterhin enorm wichtig für die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen sind, es ihnen jedoch an Durchschlagskraft fehlt, um ihre Aufgabe bestmöglich zu erfüllen. Dass die Hälfte aller Beschäftigten angeben, ihre zuständige Lernbegleitung nicht zu kennen, deutet darauf hin, dass die Sichtbarkeit der Lernbegleiter:innen verbessert werden muss. Den Beschäftigten sollte klar sein, dass das Konzept der Lernbegleitung überhaupt angeboten wird und von ihnen genutzt werden kann. Hierfür brauchen Lernbegleiter:innen außerdem die Rückendeckung von der Unternehmensseite, um besser in die bestehenden Strukturen und Informationsflüsse der Personalentwicklung eingebunden zu werden. Dass nur 15% der Beschäftigten angeben, generell motiviert zu sein, selbst Lernbegleiter:in zu werden, könnte darauf hindeuten, dass sich die vorhandenen Lernbegleiter:innen schwer tun und besser unterstützt werden sollten. Wichtig ist, die Rollen der Lernbegleitung im Unternehmen klar herauszustellen und dabei abzugrenzen, wofür Lernbegleiter:innen nicht zuständig sind: Zum Beispiel formale Qualifizierungsgespräche zu führen oder über Weiterbildungsbudgets zu entscheiden. Auch sind Lernbegleiter:innen nicht dafür zuständig, die Führungskräfte im Unternehmen von der Notwendigkeit von Weiterbildung zu überzeugen.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass das Thema Lernbegleitung uns auch in der Zukunft weiterhin begleiten und interessieren wird. Damit alle Beschäftigten im Unternehmen von Lernbegleiter:innen und Weiterbildung generell profitieren können, muss aber noch einiges getan werden. Sie wollen mehr zu dem Thema Lernbegleitung erfahren? Hier finden Sie unsere Kompaktfassung.
Zukunftsorientiertes Lernen – KI-basierte Lernplattform bietet individuelle Entwicklungspfade
Wer kennt es nicht. Auf der Suche nach einer geeigneten Weiterbildung stößt man auf Fragen, wie: welche Kompetenzen benötigen unsere Mitarbeitenden zukünftig, auf welchen bereits vorhandenen Skills kann man aufbauen und wie wird ein möglichst großer Lernerfolg erzielt? Der Weiterbildungsmarkt bietet eine Vielzahl an Qualifizierungsmaßnahmen, doch welche ist die richtige? Wie finde ich eine Weiterbildung, die auch noch auf die individuellen Lernpräferenzen der einzelnen Mitarbeitenden eingeht?
Das Start-Up Peers Solutions bietet eine interessante Lösung, unzählige Suchen im Internet und in Weiterbildungskatalogen überflüssig zu machen und den Weg zur individualisierten Weiterbildung zu erleichtern. Es wurde 2019 aus Trumpf heraus gegründet und bietet KI-basierte, effiziente Lösungen für individualisiertes Lernen an, basierend auf einer wachsenden Datenbank mit über 13.000 Skills, aus denen individualisierte Lernpfade gespeist werden. Zukünftig sollen auch die in unserer Future Skills-Studie definierten 33 Future Skills-Cluster berücksichtigt werden.
Wie funktioniert´s? Nach einer Bedarfsanalyse der Skills basierend auf der Unternehmensstrategie sowie den Kompetenzen der Mitarbeitenden werden maßgeschneiderte Lernpfade entwickelt. Wie das geht? Mithilfe der künstlichen Intelligenz namens SELENA. Dabei vernetzen sich individuelle Lerninhalte, die von Peers Partnern (unter anderem dem Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft) bereitgestellt werden, zu Lernpfaden. Die intuitive, digitale Nutzoberfläche zeigt dabei nicht nur die Lernpfade, sondern auch Fortschritte an. Transparenz und Motivation sind hier die Keywords.
Hier gibt´s mehr zu Peers Solutions und dem Konzept, das dahintersteckt.
Weitere Informationen lassen sich den spannende Blog-Beiträgen zu Themen wie Lernen, Weiterentwicklung und Personalentwicklung entnehmen.
Berufliche Übergangspfade in der Automobil- und Zulieferindustrie – Spannende Ergebnisse aus einem Projekt der Bertelsmann-Stiftung
Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung werden bis zum Jahr 2030 rund 280 Tausend Arbeitsplätze in Baden-Württemberg entfallen. Betroffen sind vor allem Arbeitsplätze im Verarbeitenden Gewerbe mit einem hohen Anteil an Routinetätigkeiten. Es entstehen aber auch rund 280 Tausend neue Arbeitsplätze in anderen Berufen. Insbesondere für die Beschäftigten in der Automobilindustrie, die durch die zunehmende Elektromobilität besonders vom Strukturwandel und dem Arbeitsplatzabbau betroffen sind, stellt sich die Frage, wie berufliche Übergangspfade in neue Berufe gestaltet werden können.
Dieser Frage hat sich die Bertelsmann-Stiftung angenommen und beim WifOR-Institut eine Studie zur Entwicklung beruflicher Übergangspfade für gefährdete Berufsgruppen der Automobil- und Zulieferindustrie in Auftrag gegeben.
Die AgenturQ begleitet die Studie als Praxispartner. Am 23. Juni wurden in einem Stakeholderworkshop Projektergebnisse und erste Handlungsmaßnahmen anhand von fünf exemplarischen Ausgangsberufsgruppen vorgestellt. Für eine der Berufsgruppen, den Berufen in der Automatisierungstechnik (z.B. Elektroniker:in Automatisierungstechnik) zeigten die Forscher:innen auf der Grundlage ihrer Daten, welche Professional Skills, Software Skills und Transversale Skills zusätzlich zu bestehenden Kompetenzprofilen vermittelt werden müssen, um den Übergangspfad hin zu zukunftsträchtigen Berufen in der Maschinebau- und Betriebstechnik erfolgreich zu gestalten. Für alle an den Ergebnissen Interessierten stehen die Folien des Stakeholderworkshops hier zur Verfügung.
Für die Unternehmenspraxis sind die Projektergebnisse insofern interessant, als dass sie aufzeigen, dass eine empirische Datenbasis als Orientierung für personalpolitische Entscheidungen mehr als hilfreich sein kann. Es können konkrete Kompetenzbedarfe in beruflichen Übergängen aufgezeigt werden, die in neuen Weiterbildungsangeboten Berücksichtigung finden müssen. Klar ist aber auch, dass für eine Umsetzung konkreter Übergangspfade unter anderem die Rahmenbedingungen stimmen müssen und passende Förderinstrumente bereitgehalten werden müssen. Dies waren zwei der wichtigen Ergebnisse der Diskussion mit den Workshopteilnehmenden.
Im Herbst soll die Studie der Bertelsmann-Stiftung erscheinen. Wenn Sie Interesse an den Studienergebnissen haben, können Sie sich bei Herrn André Schleiter von der Bertelsmann-Stiftung melden.
Für Sie gelesen – dabei gewesen
5. Deutscher Arbeitsrechtstag der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein
Am 16. und 17. Juni fand in Berlin der 5. Deutsche Arbeitsrechtstag der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein statt. Dieses Jahr hatten sich die Arbeitsjurist:innen dem Thema „Weiterbildung und Qualifizierung – vom Kostenfaktor zum Transformationsmotor“ angenommen.
Die AgenturQ war an einem Diskussionspanel zur Frage beteiligt, ob die Qualifizierung eine Herausforderung für die Betriebs- und Sozialpartner ist. Die einhellige Meinung der Podiumsteilnehmenden war, dass die Qualifizierung angesichts der Transformation nicht nur eine Herausforderung, sondern auch ein Muss für die Betriebs- und Sozialpartner ist. Angesichts eines breiten Regelungsrahmen durch das Betriebsverfassungsgesetz, Tarifverträgen wie dem TV Quali, Haustarifverträgen und Betriebsvereinbarungen brauche es jedoch keine weiteren gesetzlichen Regelungen, sondern vielmehr Lösungen in der Betriebspraxis, um den vorhandenen Handlungsrahmen auch zu füllen. Die betriebliche Bildung und Zukunftsqualifizierungen müssten noch attraktiver werden und Anreize für Beschäftigte und Unternehmen zur Qualifizierung geschaffen werden, so das klare Votum der Diskutantinnen und Diskutanten. Dafür brauche es jedoch zuallererst klare Unternehmensziele und eine Vision, auf denen dann passende Qualifizierungsmaßnahmen aufgesetzt werden könnten. Möglicherweise kann die Weiterbildungsbereitschaft von Beschäftigten dadurch gestärkt werden, dass man sie an den Unternehmenszielen und der Vision teilhaben lässt und sie so verstehen lernen, wofür eine bestimmte Weiterbildung notwendig ist.
Ein ausführlicher Bericht zum Arbeitsrechtstag steht demnächst hier zur Verfügung.
Berufliche Weiterbildung aus der arbeitsrechtlichen Perspektive
Parallel zum Deutschen Arbeitsrechtstag hat sich auch die Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) in ihrer Ausgabe 11/2022 dem Thema der beruflichen Weiterbildung angenommen. Unter anderem beschäftigt sich Prof. Dr. Rüdiger Krause von der Universität Göttingen in seinem Beitrag mit der Frage, welchen Regelungsrahmen das Betriebsverfassungsrecht für die berufliche Weiterbildung in der Transformation der Arbeitswelt bietet. Rechtsanwalt Jürgen Markowski ergründet die Beteiligungsmöglichkeiten von Betriebsräten in der innerbetrieblichen Weiterbildung und die Rechtsanwälte Colin Blumauer und Dr. Willem Niemeyer widmen sich der Frage von Rückzahlungsverpflichtungen von Fortbildungskosten bei einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Das Einzelheft kann hier bestellt werden.
Praxistipp:
Arbeitshilfe für die Betriebsratsarbeit
Die Stärkung der betrieblichen Weiterbildung ist zweifelsohne eine der prioritären Aufgaben für die Betriebsratsarbeit in der neuen Amtsperiode. Ein neuer One Pager zeigt die Unterstützungsangebote der AgenturQ für Betriebsrätinnen und Betriebsräte auf. Hier können Sie den One Pager herunterladen. Sie möchten mehr über unsere Angebote erfahren? Dann sprechen Sie uns an.
Termine:
- Am 6. Juli 2022 von 14 bis 17 Uhr lädt das Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft zum „Futurecamp III: Lernen im Betrieb – Nicht nur neu gedacht, sondern auch gemacht“ ein.
Die Veranstaltung findet im Online-Format statt und bietet Einblick in die Lernpraxis unterschiedlicher Unternehmen. Prof. Dr. Armin Trost von der Hochschule Pforzheim stellt moderne Ansätze des Lernens in unsicheren Zeiten vor und Dr. Stefan Baron von der AgenturQ zeigt die Möglichkeiten der Kompetenzfeststellung mit Hilfe des AiKomPass auf. Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie unter https://www.biwe.de/newsanzeige/futurecamp-3.
- Am 27. und 28. Oktober 2022 findet in Bonn der diesjährige BIBB-Kongress unter dem Motto „Future Skills – Fortschritt denken“ statt.
In mehreren Denkräumen will sich der Kongress wichtigen Themen der Berufsbildung widmen. Im Denkraum „Weiterbildung“ geht es um die so wichtige Frage, was getan werden muss, um die Weiterbildungsbeteiligung zu erhöhen und berufliche Bildungswege zu stärken. Gemeinsam mit den Teilnehmenden möchten die Organisatoren Innovationen für die berufliche Fort- und Weiterbildung erkunden. Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie unter www.bibb.de/kongress2022.
- Vorankündigung: Webinar zum Thema „Die Führungskraft – Dreh- und Angelpunkt in der betrieblichen Weiterbildung“.
Um die Weiterbildungsbeteiligung effektiv zu erhöhen, braucht es nicht zwingend neue Förderprogramme oder gesetzliche bzw. tarifliche Regelungen. Der Dreh- und Angelpunkt sind die direkten Führungskräfte. Sie müssen den Weiterbildungsbedarf erheben, für ein positives Weiterbildungsklima sorgen und die individuelle Weiterbildung stärken. Was müssen Führungskräfte können, wie kann man sie in ihren Aufgaben unterstützen? Um die Beantwortung dieser Fragen soll es in unserem Webinar gehen. Weitere Informationen finden sich demnächst auf unserer Homepage und unserer LinkedIn-Seite.
Blogbeiträge:
Neues wagen? Neues wagen
(Gastbeitrag von Sylvia Stieler, IMU Institut, 13. Juni 2022)
Future Skills: Jetzt geht’s an die Umsetzung!
(Matthias Binder, 25. Mai 2022)
AgenturQ auf Youtube
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